Freiheit.01

Über Freiheit an sich

Über Freiheit und den Bezug zu Reformierung, Rebellion und Revolution

Wenn ich über Freiheit spreche und Wege und Möglichkeiten erörtere, diese gewünschte und (noch) nicht realisierte Eigenschaft zu erreichen, muss ich zunächst Begrifflichkeiten und Definitionen bemühen, damit ich im Gespräch mit anderen an der gleichen, allen gemeinsamen Startlinie ins Unbekannte aufbreche. Ich muss weiterhin unterscheiden zwischen Rebellion und Revolution, zwischen Selbst, Geist und Seele und vor allen Dingen zwischen der „Freiheit von…“, der „Freiheit zu…“ und Freiheit an sich. Ohne diese Begriffe definiert zu haben und ohne diese in gleicher Weise zu gebrauchen ist kein Gespräch über Freiheit möglich.



Und eine weitere Definition oder Einschränkung ist notwendig. Sie beschäftigt sich mit der Frage, ob die genannten Motive allgemeingültig für alle Menschen gelten, nur für ein Volk oder eine Gruppe, oder ob es nur um meine ureigene Person geht. Ist es also meine Freiheit, unsere Freiheit oder geht es um die Freiheit. Geht es also, salopp gesagt, um die egoistische Freiheit, die heimlich in der Nacht beim Nachbarn ihre Gartenabfälle entsorgt; oder geht es um unsere Freiheit, die wir mit tödlichen Waffen am Hindukusch und im Südpazifik verteidigen; oder geht es um die Freiheit, die in den allgemeinen Menschenrechten ihren noch recht unfertigen Ausdruck findet. In den westlichen Demokratien sehen wir, die Bürger dieser Staaten, uns gerne in der weltweit fortschrittlichsten Version der Gesellschaftsformen, die uns im Vergleich mit anderen Systemen ein hohes Maß an „Freiheit“ gewährt. Ob das stimmt, oder ob das aus einer anderen Perspektive heraus auch anders gesehen werden kann, will ich hier nicht diskutieren.

In diesen Zeilen werde ich nicht über die Freiheit sprechen, die im politischen Diskurs in aller Munde zu sein scheint. Hier ansprechen möchte ich die Freiheit, die im spirituellen und persönlichen Leben eine große Rolle spielt und die selten klar und eindeutig gesehen wird. Es ist doch mehr als eindeutig, das alle systembedingten Einschränkungen und Regeln in einem Machtsystem (Politik, Recht) eine vollkommene Freiheit des Einzelnen nicht zulassen und selbst eine Größtmögliche zweifelhaft erscheinen lässt. Ich möchte trotzdem versuchen, die Möglichkeiten von „Freiheit“ besonders im persönlichen Bereich zu beleuchten.

Ist „Freiheit an sich“ für einen Menschen überhaupt möglich?

Kein Lebewesen, das in irgendeiner Weise abhängig ist von seiner Umgebung, kann vollkommen oder absolut frei sein. Das ist unmöglich, denn ohne Luft zum Atmen, ohne Nahrung und so weiter geht Leben in der uns bekannten Form nicht. Möglich erscheint mir daher lediglich eine Freiheit zu beschreiben, die eine Umwelt einschließt und voraussetzt, das in ihr menschliches Leben möglich ist. Ich nenne das daher in Distanz zur Freiheit-An-Sich die Größtmögliche-Freiheit. Sie kann nur solange und dort gedacht werden, wo eine geeignete künstliche oder natürliche Umgebung dauerhaft vorhanden ist. Das kann, wenn ich unsere Welt mit nüchternen Augen betrachte, bisher nirgendwo auf der Welt als gegeben angenommen werden. Weiterhin muss ich berücksichtigen, das jedes Leben endlich ist und permanent von Krankheit und Tod bedroht ist.



Woran erkenne ich , ob ich frei bin?

Ich möchte mit einer Aussage beginnen, die wahrscheinlich sofort auf heftige Widersprüche trifft und die das Mark unserer politischen Kultur erschüttern würde, wäre sie erwiesen und wahr: „Der in Freiheit lebende Mensch wird weder rebellieren noch eine Revolution anzetteln.“ Warum sollte er so etwas auch tun? Rebellieren kann man nur gegen Menschen, die auf andere Druck ausüben. Kann und werde ich aber unter Druck gesetzt, bin ich nicht frei. Revolutionen durchführen bedeutet, ein Gesellschaftssystem durch ein anderes zu ersetzen, hat etwas mit Macht haben und ausüben zu tun. Systeme dieser Art aber schränken prinzipiell die persönlichen Möglichkeiten ein. Wenn ich eingeschränkt mich befinde, bin ich nicht frei. Reformen stattdessen durchführen heißt, bestehende Regeln und Grundsätze anpassen an eine aktuelle Situation und ist damit von Prinzip her niemals fertig, denn das, was aktuell ist, ist immer schon vergangen, wenn ich seinen Inhalt erkenne. Reformen sind eine niemals endende Schleife der Anpassung. Wenn immer wieder neu reformiert werden muss, lebe ich zeitweise in unangemessenen Umständen und bin daher auch nicht frei. Wann also bin ich wirklich frei? Muss ich also, um wirklich frei zu sein, sozusagen bestehende Regularien ausblenden, mich in einen Rahmen zwängen, in dem weder Reformen, Revolutionen noch Rebellionen möglich sind? Ist dann vielleicht ein Leben in einem Kloster so ein Rahmen? Und bin ich im Kloster, dem ich dann selbstbestimmt angehöre, wirklich frei?

Der Bezug zu Religion und Spiritualität

Die absolute Freiheit [1. …wird nahezu ausschließlich in der Religion oder im Rahmen von Spiritualität gesehen…, Erweckung, Erleuchtung, Erfüllung…], also die, die weder ein „von…“ noch ein „zu…“ kennt, ist in meiner Vorstellung ein paradiesischer Zustand, in dem weder Gefahren, Zwänge noch Nöte auftauchen. Eine solche Welt ist meiner Kenntnis nach auf der uns bekannten Welt nicht einmal ansatzweise gegeben und stellt für mich „lediglich“ eine sehr hohe Idealvorstellung dar. Als lebendiger Mensch in der heutigen Form und Zeit erscheint sie mir unerreichbar. Sie wäre für mich in der Definition eine Form des Lebens, die weder Rebellion oder Revolution noch permanente Reformierungen notwendig erscheinen ließe. Aber ich kann diese Idealvorstellung sozusagen als Maßgabe verwenden, die ein Leben in momentan größtmöglich anzustrebender Freiheit bezeichnen würde.

Ein gutes, zufriedenstellendes und glücklichen Lebens zufolge wäre damit definiert als weitestgehende Abwesenheit von rebellischen oder umstürzlerischen Gefühlen und Gedanken und wenigen Wünschen nach Veränderung der Gegebenheiten.

Nun sind gut, zufrieden und glücklich ja relative Begriffe, die stets die Anwesenheit von schlecht, unzufrieden und unglücklich verlangen. Demzufolge müssten die Lebensumstände eines Menschen in Freiheit so geschaffen sein, das es dieser Wertungen im weitesten Sinne nicht mehr bedürfte. Es gäbe also in großer Annäherung nur noch Gutes, Zufriedenes und Glückliches. Und da wir Menschen nicht erst seit heute in großer Zahl auftreten, müsste dieses für alle Menschen gleichermaßen gelten. Und als mitfühlende Wesen müsste der Mensch diese Zustände auf alle lebenden Wesen ausdehnen. Das ist insgesamt ein sehr hoher Anspruch, den die Forderung nach größtmöglicher Freiheit zugrunde legt. Die Menschheit ist weit davon entfernt, dem Folge leisten zu können. Aber heißt das dann auch gleich, das die Suche nach besseren Bedingungen für das Annähern an das große Ideal prinzipiell erfolglos sein muss? Ich denke, dass das nur mit einem „ja, aber…“ beantwortet werden sollte, denn jeder Schritt in die Richtung dorthin führt zu einer Verbesserung der Welt.



Wenn wir uns die Welt heute anschauen, so sind Rebellionen, Revolutionen und Reformversuche weltweit verbreitet. Es vergeht kein Tag, an dem nicht zusätzlich noch Provokationen, Verleumdungen, Falschdarstellungen und Hintergehungen genutzt werden, um Rebellionen oder Revolutionen auszulösen oder wahrscheinlicher zu machen. Und es ist auch nicht davon auszugehen, das die Menschen, denen es gut geht, die zufrieden und relativ glücklich ihr Leben führen können, bereit sein werden, dieses mit weniger glücklich lebenden Menschen zu teilen. Wir sagen gerne: Menschen sind so.“ Stimmt das? Stimmt das wirklich? Ich denke nicht. Es gibt nur wenige Ereignisse, in denen Menschen aktiv das Unglück anderer steigern oder fortsetzen wollen. Meist ist es so, das schlicht und einfach die räumliche Entfernung des Anderen oder das Anderssein des Nächsten die Gleichgültigkeit hervorrufen, die wir tagein tagaus beobachten können. Je näher uns Ereignisse wie Unfälle oder Krankheiten berühren, um so intensiver, um so mitfühlender werden sie empfunden. Aber ich komme gerade zu weit weg von der oben proklamierten Größtmöglichen-Freiheit, die wir doch uns ansehen wollten. Und es stellt sich die Frage, was denn der Einzelne tun kann, um „mehr“ Freiheit zu erreichen, sich also weiter anzunähern an das Ideal.

Freiheit ist immer auch die Freiheit der Anderen

Nun ist ja Freiheit, und das ist schon ein geflügeltes Wort, in Gesellschaften immer auch die Freiheit des Anderen und des Anders-Denkenden. Da der Einzelne aber nicht die Handlungen und Vorstellungen des Anderen lenken kann, kann er eigentlich nur bei sich selbst anfangen. Und hier haben wir bereits einen ersten Grundsatz entdeckt, der die Arbeit zu Freiheit leiten kann: Freiheit muss zunächst bei sich selbst beginnen. Nur wenn ich selbst für mich eine Annäherung an Freiheit denken kann, kann ich dieses Gedachte dann auch auf andere Wesen, auf die Welt anwenden. Die erste Frage ist also: „Was ist Freiheit für mich?“. Das ist, obwohl ich selbstverständlich über mich Bescheid zu wissen glaube, trotzdem eine sehr schwere Frage. Denn im Gegensatz zum Anderen sehe ich mich selbst nie aus einer ganzheitlichen Perspektive. Einen anderen als Typ einzuordnen, nehmen wir mal als introvertiert oder extrovertiert, ist meist schon nach Minuten des Beisammenseins entschieden. Aber wie geht das bei mir selbst? Und auch wenn die Typenbildung noch relativ machbar erscheint, wie kann ich dann so etwas Unscharfes wie Freiheit und mein Befinden diesbezüglich an mir selbst feststellen? Weiter oben habe ich gezeigt, das aufbegehren, umstürzen und der Drang nach Erneuerung oder Veränderung anzeigen kann, wie frei ich mich fühle. Nun kann ein Drang ja verschiedene Ausprägungen haben. Er kann lediglich in Gedanken stattfinden, er kann in immer noch konformen Verweigerungen stattfinden (Dienst nach Vorschrift) oder schon Handlungen hervorbringen, die gegen die oder eine bestehende Ordnung angehen (Verweigerung). Und er kann diese Handlungen weiterführend in eine Form überführen, die in Kampf und/oder Gewalt endet (Untergrund). Immer aber ist Selbstbehauptung die treibende Kraft, sei es in der Form „ich habe recht“ über „geht so für mich gar nicht mehr“ bis hin zu „das muss weg“.

Selbstbehauptung

Nun ist Selbstbehauptung ja eine Kraft, die den Menschen zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Prägungen fordert. Man denke nur an die berühmt berüchtigten Jahre der Pubertät, die Milde von Eltern Pubertierenden gegenüber und die feine Gelassenheit der späten und besonders ganz späten Jahre. Menschen scheinen sich fortwährend zu ändern. Sie wandeln sich, nicht nur im Äußeren, sondern auch in ihrer Haltung. Wie also kann sich sich ein Freiheitsgedanke in einem sich ständigen wandelnden „Ich denke…“ sich darstellen. Lässt sich die/eine Auswahl „Freiheit“ also jemals in eine formulierbare, nieder-schreib bare Form überführen? Zumindest scheinen diese Versuche bisher nicht nachhaltig von Erfolg gekrönt zu sein. Meine Freiheit heute ist also immer nur eine Momentaufnahme, die geschrieben schon veraltet sein kann und wird. Als ein möglicher Ausweg werden oft Verallgemeinerungen angesehen, die sozusagen für alle Phasen eines Lebens zutreffend sein könnten. Die Problematik dabei ist aber immer, das Allgemeingültiges immer Setzungen verlangt, die wiederum das Freiheitsgefüge, das ja eine offene Haltung gegenüber allem voraussetzt, einschränken können. Und die Frage, die sich aus dieser Überlegung ergibt, müsste heißen: „Gibt es dafür Setzungen, die Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen können?“ Nun könnte man wie in christlichen Gesellschaften üblich die sogenannten Zehn Gebote [1. Nach den Schriften sind es ja genau 14 bis 16, die je nach Auslegung der Sekten zu 10 reduziert wurden, siehe Wikipedia: „Zehn Gebote] als Grundlage nehmen, aber seien wir ehrlich, welche davon können für sich Allgemeingültigkeit in Anspruch nehmen? Von „nur einem Gott dienen“ über das Töten, das Ehebrechen, das Stehlen, das Lügen, „das Sabbat halten“ bis zu „Vater und Mutter ehren“ haben sich Christen- und Judentum einschließlich der großen Masse ihrer Anhänger an keines der Gebote jemals wirklich gehalten. Selbiges gilt entsprechend für (fast) alle anderen Religionen. Ich glaube, das man daraus den Schluss ableiten kann, das Gebote, Gesetze und Verhaltensvorschriften keine wirklich erfolgreiche Strategie darstellen, die Menschen (…und in ihrem Gefolge alle anderen Wesen) sowohl als Person als auch als Masse zur Freiheit zu führen. So also kann „Freiheit…“ nicht beschrieben werden.



Freiheit über Mitgefühl

Ein weiterer, weit verbreiteter Versuch, der besonders in Asien große Anhängerscharen in den Bann zieht, geht über das Substantiv „Mitgefühl“, neudeutsch „Empathie“ genannt. Ohne mich jetzt in die viel mehr als breit ausgewalzten Vorstellungen der Wissenschaften verlieren zu müssen, was sich unter diesen Begriffen verbirgt oder verbergen könnte, lässt sich doch die Beobachtung machen, das sich nicht alle Menschen dieser „Begabung“, Fähigkeit oder Wahrnehmung bedienen, um ihrem Leben einen überschaubaren Rahmen zu geben. Weiterhin könnten wir anführen, das ein chinesischer Bauer in einer von der modernen Zivilisation weit abgelegenen Provinz es leicht habe, sich mitfühlend zu verhalten. In einer modernen europäischen Großstadt und in deren Gedränge, wo mitfühlende und nicht-mitfühlene Menschen leicht aufeinander treffen, sähe das aber nachvollziehbar anders aus. Da sich einige in der Masse nicht an Mitgefühl orientieren, müsse sozusagen ein allgemein gültiges Mitfühlen schon aus einer Gerechtigkeitsvorstellung entfallen. Das ist aus einer logischen Überlegung heraus durchaus nachvollziehbar, erklärt aber nicht den vollkommenen Verzicht auf Mitgefühl. Denn Mitgefühl, das scheint dabei nicht berücksichtigt zu sein, ist ja einerseits, wie der Name schon sagt, ein Gefühl, andererseits dient es nicht nur im Bezug zum Anderen, sondern ist auch hilfreich, vielleicht sogar notwendig zur Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeiten. Gefühle sind ja Wahrnehmungen und deren Interpretationen, die vom Menschen nicht aus einem freiem Willen heraus machbar sind, sondern scheinen wie eine von außen kommende, aber nicht greifbare Eingebung (Geist, Atmosphäre) zu sein. Schon aus diesen Gründen heraus scheint es mir nicht gangbar zu sein, den Begriff der „Freiheit an sich“ allein über Mitgefühl zu definieren. Mitgefühl sollte sicherlich eine bedeutende Rolle dabei spielen, müsste aber wohl durch Substantive wie Selbstbehauptung und Lebenswille und Typisierungen wie Enge, Weite und Stagnation bezüglich der Wahrnehmungsdichte ergänzt werden.

Wenn wir das bisher Ausgeführte in die oben vorgenommene vorläufige Definition für ein gutes Leben einfügen, erhalten wir in etwa nachfolgende Formulierung:

Ein gutes, zufriedenstellendes und glücklichen Lebens als Bedingung für „Größtmögliche Freiheit“ zufolge wäre damit definiert als weitestgehende Abwesenheit von rebellischen oder umstürzlerischen Gefühlen und Gedanken, wenigen Wünschen nach Veränderung der Gegebenheiten und einer persönlicher Verwirklichung von Mitgefühl.

Information, Narrativ, Moral und Ethik

Eine mögliche Ergänzung zu den schon erwähnten Motiven, die zur Beschreibung, Definition von „Einem guten Leben“ herangezogen werden sollten/müssen, sind die Begrifflichkeiten Narrativ [1. Narrative sind Erzählungen, in denen vorbildliche Handlungsweisen anhand von Geschichten dargelegt werden. Die Helden dieser Geschichten werden als weise, erfolgreiche und mächtige Männer und Frauen dargestellt.], Moral [2. Als Moral bezeichne ich die Übereinkunft von Menschen innerhalb einer Kultur, nach deren Regeln die jeweilige Gesellschaft jedem Mitglied einen Lebensrahmen vorschreibt.] und Ethik [3. Die Ethik wird in der Regel zur Setzung von Moralvorstellungen herangezogen. Sie geht zumeist davon aus, das es grundlegende Eigenschaften, Begabungen eines Menschen gibt, die als absolut oder „an sich seiend“ gedacht werden müssen (Beisiele: Vernunft, Selbst, Seele, Atman) und erbaut darauf ein moralisches Gebäude.]. Zu jeden dieser Begriffe gibt es Material in Hülle und Fülle in einer Größenordnung, die ganze Bibliotheken zu füllen vermögen. Diese einzeln auszuführen würde jede Arbeit sprengen, dazu eine Auswahl zu treffen aber wird der Thematik des Artikels nicht gerecht, denn die Ansichten über die Definition und Hintergründe dieser Begriffe sind breit gestreut und so widersprüchlich, das sich einfach kein klares Bild mehr ergeben kann. Ich würde in einer Auswahl dann wiederum nur aus Bruchstücken aufs Ganze schließen und damit eine große Unsicherheit produzieren. Und davon gibt es meiner Meinung nach bereits mehr als genug. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich mich hier weder Zitaten bediene noch an der allgemein beliebten Methode festhalte, große Denker als Rechtfertigung meiner Thesen heranzuziehen.



Narrativ

Beginnen wir mit Narrativen. Diese Geschichten spielen sich immer in einem Rahmen ab, dessen Inhalte so in dieser Fülle nur in einem einzelnen Ereignis stattfinden konnten. Zu der Schlussfolgerung, das sich ähnliche Ereignisse und deren Problematiken mit den gleichen Mitteln lösen lassen, die erzählt dargestellt wurden, kann hier und da zwar hilfreich sein, zeigt aber nicht das ganze Spektrum auf, das in einer Problemstellung zur Lösung herangezogen werden kann. Da Freiheit für jeden Einzelnen auch immer den ganzen Spielraum erlauben und möglich machen sollte, ist die Wahl der im Narrativ dargestellten vorbildlichen Handlungsweise als eine Vorentscheidung anzusehen, die nicht aus dem Betroffenen in einer Konfrontation mit einer ähnlichen Situation selbst erfolgt. Narrativ vermittelte Handlungsweisen dienen bevorzugt zu einer schnellen Entscheidungsfindung und/oder sind zumeist so gestrickt, das das bestehende Machtsystem profitiert. Vorentscheidungen aber widersprechen grundsätzlich jedem Freiheitsgedanken.

Moral

Die Moral gibt es nur auf der Grundlage einer lebenden, sich gestaltenden Gesellschaft, die sich den schönen Begriff der Kultur gegeben hat. Sie ist wesentlich eine Übereinkunft, an der sich die in dieser Kultur lebenden Menschen orientieren und mehrheitlich eingehalten werden. Die bereits genannten religiösen Gebote werden hierbei durch Gesetze, Verordnungen und Gebräuche ersetzt, die mehr oder weniger einen Kompass für das Verhalten jedes Mitglieds der Gesellschaft errichten. Gerne wird dieser Kompass auch als Gewissen bezeichnet, das sich dann negativ äußert, wenn gegen die gelebten Gesetze… verstoßen wurde. Moralisches Verhalten ist sicherlich eine nicht zu missachtende Grundbedingung, um frei zu leben. Störend dabei ist nur, das die Mittel der Moral immer Setzungen sind, die weder allgemein gültig noch auf jede Situation eines Menschen zutreffend angewendet werden können. Sie stellen immer einen Zwangscharakter dar, der meiner Überzeugung nach Freiheit zumindest einschränkt, wenn nicht gar unmöglich macht.

Ethik

Wie die beiden bisher behandelten Begriffe ist Ethik ebenfalls ein sehr unscharfer Begriff. Nahezu jeder bekannte Philosoph der Geschichte hat versucht, eine ethische Grundlage zu schaffen, auf der Moral entstehen kann. Von daher gilt in meiner Vorstellung für Ethik die gleiche Einschränkung wie für Moral, wenn wir den Begriff der Freiheit näher beschreiben oder gar definieren wollten. Allerdings ist im Gegensatz zur Moral die Ethik wesentlich grundlegender. Dazu verwenden die Autoren der Schriften Setzungen, die den Fragehorizont in einer „angemessenen Tiefe“ begrenzen. Erfindungen wie die Beispiele Seele, Gott, Transzendenz, Vernunft, … werden dabei absolut gesetzt und stoppen die kausale Fragekette, die sich sehr schön im kindlichen „und dann… und dann…“ darstellen lässt. Die Existenz von Seele, Atman, Monaden, Gott, … kann nicht belegt werden und erscheint äußerst fragwürdig, wenn wir den Zustand der Welt unter der Regiment des Menschen vorurteilsfrei betrachten. Transzendenz verweist wie das Unbewusste auf eine Sphäre, zu der wir schon aus der Definition heraus keinen Zugang besitzen können. So etwas als Grundlage für Handlungssysteme zu verwenden, ist und bleibt fragwürdig. Selbst mit der auf der gleichen Basis beruhenden Logik ist daher eine Einbeziehung derselben zu einem beschreibenden Freiheitsentwurf nicht nachvollziehbar.

Information

Alle drei Motive beziehen sich auf eine Gesellschaft, die sich einer Wahrheit verpflichtet fühlt und sich in diesen Dreien widergespiegelt sieht. Allerdings neigen unsere hochmodernen Informationsgesellschaften aber gerade nicht dazu, eine für alle gültige Wahrheit zu verfestigen und diese somit für alle Teilnehmer der Gesellschaft verpflichtend zu machen. Im Gegenteil, die digitale Datengesellschaft braucht weder Narrativ und Moral. Sie behauptet die Wirklichkeit in Daten abbilden zu können und diese in beliebiger Form lesbar zu rekonstruieren. Somit braucht sie nicht eine angenommene oder geglaubt Wahrheit, sondern ersetzt diese durch eine durch maschinelle Algorithmen gesteuerte Anpassung, die zu jedem belieben Zeitpunkt die Wirklichkeit, wie sie ist oder gewünscht wird, exakt abbildet. Da sich Freiheit direkt auf Wahrheit bezieht, Daten aber keine Wirklichkeiten sind, wird die Datengesellschaft, zu der wir immer näher aufrücken, an Freiheit und deren Beschreibung nicht interessiert sein.



Die Inhalte der Begriffe Information, Narrativ, Moral und Ethik sind nach meiner Einschätzung für den reinen Freiheitsbegriff nicht relevant. Trotzdem kann der auf größtmöglicher Freiheit bestehende Mensch diese Beschreibungen nicht unberücksichtigt lassen, da er sich nicht allein auf der Welt befindet und gezwungen ist, mit Mitmenschen (…meist in Frieden) zu leben. Ein freies Leben in einer gezähmten Natur scheint heute möglich geworden zu sein, die Bedrohung durch den Mitmenschen ist damit aber nicht ausgeschaltet. Für den Menschen ist der Mensch selbst nach wie vor die größte Bedrohung. Wir müssen also das friedliche Zusammensein mit allen Mitmenschen in mehrdeutiger Weise in einer Freiheitsbeschreibung unterbringen. Leider ist unsere Sprache aber für Mehrdeutigkeiten nicht gut ausgelegt. Daher verweise ich darauf, das der einschränkende Begriff der „Größtmöglichen Freiheit“, wie er in der bisherigen Formulierung verwendet wird, das friedliche Zusammenleben mit Mitmenschen als Gebot und somit auch als Einschränkung bereits enthält. Ich würde daher lediglich zu einer Empfehlung für den Freiheit-Liebenden greifen, bestehende Sitten, Gebräuche, Ethik und Moralvorstellungen im öffentlichen Bereich nicht zu verletzen, da ansonsten der vereinte Widerstand der Mitmenschen die eigene Freiheit erschwert oder gar unmöglich macht.

Zurück zur Natur

Eine weitere Beobachtung der Neuzeit ist der Trend, seine Freiheit zu suchen in einer Lebensform, die kurz und bündig mit „einem zurück zur Natur“ beschrieben werden kann. Das ist eine Umkehrung der bisher üblichen Ziele des Menschen, die Natur und deren Gefahren und Einschränkungen gerade aus dem aktiven Menschenleben heraus-zu-technisieren. Viele Aussteiger entziehen sich heute der Stadt mit deren Arbeitsteilungen und Komfortzonen, um mit Gleichgesinnten auf dem Lande ein Selbstversorger-Leben zu führen und so der Natur nahe zu sein. Nur, und das ist meine erste Frage, wie steht es denn in europäischen Breiten wirklich mit dem Auffinden von Natur? Es ist doch eher so, das Europa zu einer Kulturlandschaft geworden ist, in der Wildheit und Ungebrochenheit bzw. Verbundenheit mit der Natur schwer aufzufinden ist. Ist das bäuerliche Landleben wirklich ein Leben in Natur? Meiner Überzeugung nach findet sich Natur nur noch in Naturschutzgebieten, und dort auch nur, wenn wie in Südamerika zum Beispiel der Zugang des Menschen zu diesen Flächen streng eingegrenzt wird. Ein Leben in Natur kann dort noch nicht einmal der Wildhüter führen, da er sich beruflich mit den Übergrifflichkeiten der nicht-naturgebundenen Menschen auseinander setzen muss. Eine zweite Frage schließt sich an, die danach fragen muss, ob denn nun ein Leben in Einfachheit des Bauernstandes wirklich zu mehr Freiheit führt? Auch das Selbstversorger-Leben muss sich an sehr genau definierten Determinationen halten, die vom terminlich eingegrenzten Garten bestellen über die Tiere versorgen bis zur Herstellung von Lebensmitteln führt. Was ist, was geschieht mit meiner Freiheit, wenn ich gerade heute mal keine Lust oder Kraft habe, die Tiere zu füttern und deren Stall zu reinigen? Auch das „zurück zur Natur“ ist für mich daher nur ein vorgefertigtes Konzept, das zwar etwas anders ist, aber das Bestehende nicht wirklich aufhebt und wenig Platz für persönliche Freiheit lässt.



Die Geisteswissenschaft Philosophie

Bleibt noch, wie die Königsdisziplin der Wissenschaften, die Philosophie mit dem Begriff Freiheit umgeht. Wenn wir von den zu Beginn des Artikels ausgeschlossenen „Freiheiten von und zu…“ ausgehen, hat unsere „Liebe zur Weisheit“ nicht wirklich viel zu bieten. Meist geht es um die politische, die staatsrechtliche Freiheit oder aber die, die im Verhältnis zum Mitmenschen oder dem Gebrauch von Gegenständen nach Regeln oder Beziehungspunkten fragt. Ein weiteres Thema ist der Bezug zu kausalen Zusammenhängen, zur gesetzten Vernunft und der gesetzten Kategorienlehre europäisch geprägter Philosophie. Darin wird die „Freiheit an sich“ oft als unvollständig und ungeeignet bezeichnet, und es wird angeraten, den Begriff aus der wissenschaftlichen Arbeit weitestgehend zu verbannen. Bedeutsam ist auch die in den philosophischen Abhandlungen oft zu bemerkende Versuch, die persönliche Freiheit mit Anarchie gleichzusetzen. Da Anarchie und Ordnungssysteme sich zu widersprechen scheinen, begleitet die Verwendung des Begriffes stets eine deutlich ausgeprägte Skepsis. Daran konnten auch die Versuche, ihn durch „Handeln des Handelns“, „Determination der Determination“, über Affirmationen oder durch „transzendentes Handeln“ zu ersetzen bzw. zu erklären, nichts ändern. Auch die Erklärungen, Freiheit deutlich von Willkür abzusetzen oder Freiheit dadurch zu begrenzen, das der Weg zu Willkür verbaut ist, überzeugt nicht wirklich. In allen europäisch geprägten Philosophiekonzepten ist der Mensch einer Vielzahl von Determinationen unterworfen, die den Anspruch, „in Freiheit sein zu können“ negieren und immer wieder in die Gebundenheit zurückführen. Für eine Beschreibung der „Freiheit an sich“, die sich als hohes Gut und Ideal darstellt, halte ich daher die wissenschaftlich orientierte europäische Philosophie für ungeeignet. Außerdem, wer jemals versucht hat, die Begriffsmodelle über Freiheit oder direkt angrenzender Themenkomplexe in den philosophischen Schriften zu verstehen oder gar sich anzueignen, wird verstehen, warum das von mir so gesehen wird.

Dataismus

Auch der Versuch in der europäischen Kultur der letzten Jahrzehnte, die Sprache und ihre Wirkungen in Bezug zu Sinngebung, Kommunikation und Identität vom Leben abzukoppeln, helfen in dem Versuch, die Freiheit an sich zu beschreiben, nicht wirklich weiter. Außerdem haben sich diese Versuche derart intellektualisiert, das von einem breit gefächerten Verständnis dieser Techniken in der Masse der Bevölkerung nicht gesprochen werden kann. Weiterhin ist gerade in intellektuellen Kreisen in 2021 zu vermerken, das mit Gendern und anderen Identitätskampfmethoden eine reaktionäre Wiederbelebung der Subjektivität in einem materialistischem Kleid zu beobachten ist. Verschärft wird dieser Trend durch die digitalen Medien, die scheinbar nur noch kurz gefasste Erklärungsversuche zuzulassen scheinen. Die These von Ockham, das bei der Bildung von Hypothesen und Theorien Sparsamkeit geboten sei und daher die einfachste Variante den Vorzug genießen sollte, wird von den Dataisten [1. Anhänger der Big Data Theorie, nach der einfach gesprochen alles aus Daten abgeleitet werden kann, sobald alle Funkionen einer Gesellschaft erfasst und ausgewertet werden können.] heute wohl falsch verstanden. Um bei der Wahl einer Theorie den Vorzug geben zu können, muss man alle zur Verfügung stehenden Theorien kennen. Erst dann ist eine Wahl eine Wahl. Und was für Theoriebildung gilt, könnte leicht auch bei der Wahl von Parteien und Mandatsträgern gelten.

Die neue Phänomenologie

Eine weitere Überlegung, die im philosophischen Kreisen eine sehr unbeachtete Rolle spielt, ist das Werk des Philosophen Hermann Schmitz: Die neue Phänomenologie. Sie scheint, auf einen ersten Blick meinerseits betrachtet, einen Weg aufzuzeigen, die alte Philosophie aus ihrem Schlaf zu wecken und wieder zu beleben. Besondere Kritikpunkt dieser Arbeiten sind die Verfahrensweisen des Psychologismus, des Reduktionismus und der Introjektion (Innenverlegung). Ich bin allerdings noch nicht tief genug in das Werk eingedrungen, um weiterführende Aussagen treffen zu können. Es wird irgendwann in der Zukunft dazu einen Artikel geben.



Der weite Weg… und sein Fazit

Nun sind wir, ich im Schreiben, Sie im Lesen, schon einen sehr weiten Weg gegangen, und wir müssen feststellen, das wir noch nicht allzu weit fortgeschritten sind. Große Probleme bereiten die vielfachen Setzungen unserer europäischen Kultur und die Schwierigkeiten der Sprache, mit Vieldeutigkeiten umzugehen. Auch unsere Wissenschaften bestehen und begründen sich auf den Setzungen, die zum Teil schon 2500 Jahre alt sind. Ich sehe zur Zeit in unserem Umfeld keinen gelungenen Versuch, den Sucher nach persönlicher Freiheit so zu beraten, das die Selbstbestimmtheit, die Freiheit ja fordert und begründet, gegeben wäre. Der Glaube daran, Kausalität, Widerspruchsfreiheit und Beweisbarkeit seien unverzichtbar, scheinen mir dabei das größte Hindernis zu sein. Ich möchte dem Sucher daher einen anderen Gedankenweg vorschlagen, der an der östlichen Weisheitslehre des Taoismus angelehnt ist und der zwar nicht alle Fragen beantwortet, aber auch keine Fragen ausgrenzt und der weitestgehend ohne Setzungen auskommt.

Tao: Freiheit an sich kann nicht begrenzt werden

Grundlage dieses Versuchs ist die Einsicht, das das, was frei sein soll, nicht begrenzt werden kann, weder durch Worte noch durch Taten. Auch nach einer Ursache zu suchen für eine Wahrnehmung ist bereits eine Begrenzung, denn der Fragelauf, der sich auf die Frage nach Ursachen öffnet, ist unendlich und kann nur durch Setzungen begrenzt werden. Tatsächlich oder besser gesagt wirklich ist für den Suchenden nur, das er jetzt und gerade hier sich und eine Welt vorfindet. Er kann sich und seine Welt nicht aus einer abgehobenen oder ausgelagerten Perspektive betrachten. So sind wir auf dieser Welt erschienen, so wirken und wandeln wir in dieser und so werden wir auch vergehen. Für den Taoisten zum Beispiel ist das der Weg, das Tao [1. Wobei das Tao keine Substantiv im herkömmlichen Sinne, kein Name, sondern einfach der Notwendig geschuldet ist, etwas zu benennen, um über es zu kommunizieren zu können. Der Buddhismus nennt dies Leere oder Leerheit, weil es dem Fragenden stets entgleitet.] Wir finden keine Betriebsanleitung vor, wie die betretene Welt funktioniert, wohin der Weg führt und wir bekommen keine Erklärung, wofür das alles gut sein soll. Das Portfolio, aus dem wir schöpfen können, ist somit leer. Kein Woher, kein Wohin, kein Warum ist vorgegeben. Wir haben die Freiheit, unser Leben, nachdem wir es wahrgenommen haben, jetzt zu beenden oder es, wie ich es gerade wünsche, weitere Jahre fortzuführen. Und ganz gleich wie ich mich entscheide, der gewählte Weg birgt Konsequenzen (Karma), mit denen ich für mich selbst Frieden zu schließen habe. Einfach nur zu erdulden, was kommt, ist keine Alternative [2. Daher missbillige ich den Begriff der Toleranz, wie ich ihn heute oft vorfinde.]. Es gibt nämlich keine andere Wahl als immerzu zu wählen. Diese Beobachtung ist die Grundlage meines Denkens. Ich halte das für beweis- und nachvollziehbar. Alles was bereits darauf aufbaut oder noch aufbauen kann, fließt ein in die Thematik der persönlichen Freiheit, wie ich sie verstehe. Sie enthält immer eine Wahlmöglichkeit, fordert immer eine Entscheidung und ist in der Fragestellung immer offen nach allen Seiten.



Frieden schließen und halten

Nun kann ich diese absolut gültige Position ergänzen oder beleuchten, in dem ich beschreibe, was „Frieden schließen“ in diesem Sinne meiner Ansicht nach bedeutet. Mich zu fragen, wie diese Aufgabe, nämlich „Frieden schließen mit den Konsequenzen meiner Wahl“ oder „in Frieden zu sein mit mir und meinen Entscheidungen“, gelöst werden kann, welche Möglichkeiten dabei sich anbieten und welche Mittel dabei für mein Verständnis zulässig sind, ist die Thematik von persönlicher Freiheit in etwas ausgearbeiteter Form. Und dabei komme ich wieder zurück zu den Themen, die bereits viel weiter vorne abgearbeitet schienen, nämlich zu Erzählungen, Moral und Ethik. Nur, und das ist äußerst wichtig anzumerken, zeitigt das jetzt nicht mehr Narrative, Moralvorschriften oder ethische Setzungen, ohne die „es gar nicht geht“, sondern Vor- oder besser gesagt Ratschläge, an den sich Menschen halten können oder nicht, wenn sie bereit sind, die ihrer Entscheidung folgenden Konsequenzen zu tragen. Es geht nicht mehr um ein „du sollst…“ oder gar „du musst…“, sondern nur um ein „du kannst, wenn du dich dafür entscheidest…“. Und auch der Ratschlag, Mitgefühl zu haben, zu entwickeln oder dessen Entwicklung bei sich selbst und bei anderen zu fördern, unterliegt der Entscheidung jedes Einzelnen. Seien wir ehrlich und lassen wir eine emotionale Verfassung einmal beiseite: Jeder Mensch kann töten, und es zu tun oder nicht zu tun fordert eine Entscheidung. Das Gemeinschaften dabei die Entscheidungsfindung zu beeinflussen suchen, indem sie die Konsequenzen für eine solche Tat im privaten Sektor sehr hoch ansetzen, wird aus dieser Einsicht heraus sehr gut verständlich. Nicht der persönlichen Freiheit folgen meiner Ansicht nach Menschen in Organisationen, die von ihren Mitgliedern das Töten-können und -dürfen verlangen [2. Ich denke da an Staaten, deren Armeen und deren Kriegsführungen.]. Mit „Freiheit fördern oder erhalten“ haben diese Berufsausbildungen nichts zu tun, selbst wenn ihre Führer behaupten, für Freiheit irgend einer Art einzustehen. Denn eine Entscheidung kann und darf einem Einzelnen nicht vorgegeben werden, wenn er sich als frei empfinden soll. Diese Qual der Wahl kann dem Individuum als Einzelnem niemand abnehmen. Auch einem Anderen, einer Gruppe, einem Staat oder was auch immer an Weg-Kreuzungspunkten zu folgen, bedarf zu irgend einem Zeitpunkt einer Entscheidung. Dieses Wissen und die Verantwortung darüber zu tragen, gleich wie schwer sie auch sei, macht den Menschen an sich frei. Diesem extremen Beispiel können sodann in einer langen unendlichen Reihe alle möglichen Handlungen folgen. In Indien hieß das lange Zeit mal Karma. Als ein an sich frei denkender Mensch kann weder Gnade, Vorsehung noch nachträgliche Vergebung diese Verantwortung anstatt seiner übernehmen, kann weder auf Gott noch auf das Vaterland diese Verantwortung übertragen werden. In all seinen Entscheidungen ist und bleibt der Mensch allein, trägt der Einzelne die Verantwortung und muss mit den Folgen seiner Entscheidungen leben, muss die Konsequenzen seines Handeln persönlich (er)tragen. Nur in diesem Wissen sehe ich einen Menschen in seiner größtmöglichen Freiheit stehen.