Meditation über „nichts“, eine Momentaufnahme

Wenn wir uns über etwas Spezifisches unterhalten und viel Zeit und Energie in etwas stecken sollen, müssten wir eigentlich schon vorab wissen wollen, um was es sich letztlich handelt, was es uns bringt und wie und mit welchem Aufwand wir damit beginnen können, dieses Ziel zu erreichen. Nun gibt es Felder, die sich diesen Anforderungen widersetzen und so einfach sich nicht darstellen lassen. Ein Feld sticht da ganz deutlich hervor: Die Meditation.



Schaut man einem meditierenden Menschen bei seiner Tätigkeit zu, wird man feststellen, das dieser für eine vorab bestimmte Zeit schlicht und einfach „nichts“ tut, und das auch noch in einer Sitzhaltung, die für europäische Menschen sehr unbequem aussieht, denn man sitzt meist tief in der Nähe des Bodens, auf einem Kissen oder Bänkchen, und hat seine Beine kreuzbeinig geknotet/gelegt oder in einer Fersensitz-Haltung untergeschlagen. Was um alles in der Welt macht dieser Mensch da, wird er/sie sich fragen, und wofür soll das wohl gut sein. Und oft fallen dann auch schnell die Worte unbequem und langweilig.

Nun ist es so, das die Meditation wirklich nicht etwas neues darstellt in unserer Kultur. Das wir heute die Meditation nahezu ausschließlich mit östlichen Weisheitslehren in Verbindung bringen, zeigt eigentlich schon, wie wenig wir heute noch von unserer eigenen Kultur wissen und verstehen. Nahezu allen religiösen Traditionen wird zumindest in den inneren Zirkeln der Priester und Eingeweihten eine der Meditation nahestehende oder verwandte Praxis angewendet. Das sie in der Regel nicht als Meditation beschrieben werden, sondern Scala Clausralium, Lectio Divina, Contemplatio oder Devotio Moderna heißen, um nur einige wenige zu nennen, spielt dafür keine Rolle [1. Karl Baier und sein Buch „Meditation und Moderne“ geben dafür einen schönen und weitreichenden Überblick.]. Es handelt sich nahezu immer um Formen des In-Sich-Gehens, Sich-Selbst-Zuwendens oder der devoten Aufopferung und damit direkt oder mehr indirekt um meditative Praktiken. Nun habe ich nicht vor, hier in einem Artikel zu wiederholen, was in wunderbaren Büchern und Schriften schon hundertfach versucht wurde, ein Praxis der Meditation systematisch darzustellen. Ich glaube inzwischen, und drei Meter in meinem Bücherregal über Meditation sind der Beleg dafür, das sich ein solches Werk mit allgemein gültigem Anspruch gar nicht herstellen lässt. Meditieren in meinem Sinne ist eine zutiefst individuelle und zudem ganzheitliche Praxis [2. Ganzheitlich daher, weil Geist und Körper nicht getrennt sind, weil die Existenz einer Seele nicht unbedingt erforderlich ist und das das Wesen/Bewusstsein eines Menschen immer auf einer zirkulären und nicht auf einer linearen Kausalität beruht. Mehr dazu bei Thomas Fuchs, Das Gehirn – Ein Beziehungsorgan.], die nichts mit allein sich-wohlfühlen, sich zu erheben, aufzuwachen, zu erleuchten, sich Selbst zu verwirklichen oder sich anderweitig zu konditionieren zu tun hat. Schon die Praxis der Meditation, sich mit anderen Worten „einfach“ (s.u.) hinzusetzen und still zu sein, spricht da doch schon eine ganz andere Sprache.

Nun ist Hinsetzen und dabei still sein nicht so einfach, wie es sich zunächst anhört. Denn die Bedingungen, unter denen Meditation stattfinden kann und sollte, und das gilt besonders für das anfängliche Einübung des Genannten, sind ein fester, energetisch getragener Sitz, eine aufrechte energetisch getragene Haltung, die bewusste Stille des Atems, die bewusste Stille des Körpers und die bewusste Stille des Geistes. Ich hatte zunächst vor, den fünf Bedingungen noch den Zusatz weitestgehend hinzuzufügen, habe mich dann aber dagegen entschieden, denn dem Versuch, die Bedingungen zu erreichen, sollte keine Einschränkung von vornherein entgegenwirken. Und mit dem Nebensatz gebe ich kund, das man in jedem Fall Einschränkungen wird hinnehmen müssen, und das nicht nur im Beginner-Stadium, sondern wahrscheinlich sogar generell. Beginnen möchte ich zunächst einmal damit, diese Bedingungen zu präzisieren:

Ein fester, energetisch getragener Sitz

Wer ohne Vorstellung des Beobachters einmal stehende, sitzende oder liegende Menschen beobachtet, zum Beispiel in einem Warteraum, wird feststellen, das Menschen nicht lange still sitzen, stehen oder liegen wollen/können. Und selbst das Anlehnen, Festhalten oder Abstützen bringt da keine wirkliche Beruhigung zustande. Eine erfolgreiche Meditation (s.u.) erfordert aber die Aufrechterhaltung einer körperlich unbewegten Haltung allein schon daher, weil jede Bewegung umfangreiche innerliche Prozesse nach sich zieht, die den ungeübten Menschen allein schon aus der Achtsamkeit und Aufmerksamkeit zu ziehen vermögen. Dann zeigt die liegende Haltung durch ihre Nähe zum Schlaf und die stehende Haltung durch die aufwendige Körperbalance, die immer auch Unruhe ist, zusätzliche Hindernisse für ein Zur-Ruhe-Kommen, so das eigentlich für die Meditation, die länger dauert, nur eine sitzende Körperhaltung in Frage kommt. Diese sollte dann so leicht gängig, so wenig aufwendig wie möglich und so angenehm wie möglich sein. Nur dann ist der Körper bereit, still zu sein. Das ist nur gegeben, wenn das Sitzen energetisch getragen, sprich mit so wenig körperlicher Kraft wie möglich gehalten werden kann. So beschäftigt sich Yoga zum Beispiel in seiner bekanntesten Tradition sehr ausführlich mit der Erreichung einer guten Sitzposition. Das Sitzen soll „fest und mühelos“ sein, sagen die Schriften, und da sich fest und mühelos zu widersprechen scheinen, ist eine gute Haltung nur irgendwo und individuell unterschiedlich in der Mitte zwischen den Extremen zu finden. Das kann dann eine kreuzbeinige oder auf den Fersen sitzende Haltung sein, das kann unterstützt werden mit einem Kissen oder Bänkchen, mit Decken oder anderen Hilfsmitteln. Die Haltung ist dann gefunden, wenn sie funktioniert. Und was sich wie ein Widerspruch liest, ist nur erreichbar durch ausprobieren, erleiden und erdulden. Das Ganze nennt sich dann Erfahrung, genauer: persönliche Erfahrung.



Eine aufrechte energetisch getragene Haltung

Die aufrechte energetische Haltung beginnt aus dem Sitz heraus, also ab der Gürtellinie aufwärts und betrifft Rumpf, Arme und Kopf. Ganz gleich, welcher der benannte Sitze gewählt wurde, der Rumpf hält sich unangelehnt, ist frei und mühelos aufgerichtet. Die Arme sind abgelegt und meist in der Körpermitte vor dem Nabel in den Händen gefaltet. Und der Kopf thront auf dem Hals wie ein ausbalancierter Ball. Nun ist diese Haltung, obwohl tagein-tagaus geübt, in Stille nicht so einfach zu halten. Das liegt daran, das wir zum einen Teile des Körpers immer als Ausdrucksmittel der umfangreichen Gefühlswelt verwenden und wir sehr viele unserer Alltagsarbeiten mit den Händen erledigen. Diese Bewegungen sind meist wenig bewusst gesteuert und funktionieren scheinbar einfach so. In einer Meditationshaltung aber sind diese Mechanismen nicht gefragt und können durch Aufmerken und Achtsam-Sein im Zaum gehalten werden, wenn, und das ist der große Haken, die Haltung des erweiterten Rumpfes ebenfalls mühelos und fest ist. Das geht aber nur, wenn sich der Rumpf in das Sitzen hinein wurzelt und so eine feste Basis ausweist.

Exkurs: Energetisch zu sitzen mit aufrechtem Körper bedarf einer gut initiierten Haltung. Als Yoga-Übender verfüge ich dazu über Funktionalität der drei Bhandas, die zusammen ein großes Ganzes bilden. Dazu gestalte ich mein Sitzen zunächst einmal bis zum Gürtel, wobei die Knie in der Regel in der räumlichen Betrachtung unterhalb der Leisten liegen sollten und das Becken so aufgerichtet verbleibt, das der Rumpf darauf mühelos sitzen kann. Dann stelle ich den Rumpf senkrecht über dieses Becken, ohne diverse Muskeln anspannen oder aufziehen zu müssen. Dann initiiere ich das große Bhanda über den leichten Einzug der Taille nach innen, halte diese Spannung für ein paar Sekunden und lasse sie dann ganz langsam wieder los. So bekomme ich das Gefühl, das sich vom Unterbauch zum Damm hinunter etwas tief im Körper leicht absetzt, der Bauch selbst sich entspannt und etwas zurückgezogen im Zaum gehalten wird, und der Kopf auf Hals und Nacken sich eine neue Mitte sucht. Dabei verbleiben die Arme abgelegt. Ist diese Haltung eingenommen und ich bewege mich nicht mehr, wird sich eine ganz leichte Pose einstellen, die nahezu mühelos getragen ist und lange gehalten werden kann.

Sowohl für das Sitzen als auch die Haltung gilt also, je weniger Aufwand muskulär notwendig ist, desto leichter sind Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu halten. Alles Störende zumindest aus der körperlichen Sicht der Bewegungsformen wird beseitigt. Nun ist es nicht immer gegeben, das sich die Haltungen über einen großen Zeitraum von 20 bis 60 Minuten auch aufrecht erhalten. Es geschieht schnell und oftmals in schleichender Form, das zum Beispiel der untere Rücken nach außen fällt, der Brustkorb somit seinen Halt verliert und der Kopf dann nach vorne sinkt. Der Körper macht sich so fertig zum Einzuschlafen. Das allerdings ist auch das Ende von Aufmerksamkeit und Achtsamkeit (s.u.), die absolutes Wach-Sein als Bedingungen aufweisen. Und mit diesen beiden endet dann auch die Meditation. Wenn dieses Einsinken ohne zu erschrecken bemerkt wird, ist es sinnvoll, sich wieder in die Pose der Leichtigkeit zu erheben. Das geht aber nicht mit großem muskulärem Aufwand, da das wiederum die Stille des Geistes stört. Hier hilft wie beim Einrichten das sehr leichte Initiieren des Bhanda über die Taille. Dieses wird so lange getragen, bis sich der Kopf wieder in seiner leicht balancierten Position befindet, und dann wird langsam entspannt wie oben beschrieben. Der Körper wird sich so automatisch in die vorher eingerichtete Pose begeben. Meiner Erfahrung nach stört diese Korrektur die Stille des Geistes nur unwesentlich. Außer einem zusätzlichen Gedanken und der kurzen Initiierung ist kein mentaler Aufwand nötig.
Die bewusste Stille des Körpers

Die bewusste Stille des Körpers ist nicht allein die Bewegungslosigkeit desselben. Sondern in der Stille von Atem und Geist werden alle Funktionen des Körpers, jedes Prickel, Kitzeln, Pochen, Ziehen, Strömen, Öffnen, Weiten und Drücken, wahrnehmbar, denn die Stille erweitert diese Wahrnehmungen um Potenzen. Hier gilt es, diese neuen Empfindungen auszuhalten oder das, um es in moderner Sprechweise auszudrücken, zu tolerieren, was ertragen, erdulden und erleiden bedeutet. Es ist normal und vollkommen selbstverständlich, das diese Wahrnehmungen da sind. Ich würde mich heute erschrecken, wenn diese Wahrnehmungen ausblieben. Sie sind der Ausdruck des Körpers, seine Sprache sozusagen, und es ist gut und sinnvoll, sich einmal still und ohne Vorurteil damit zu befassen. Was zunächst als laut und störend wahrgenommen wird, wird mit zunehmender Übung mehr und mehr zu einem Hintergrund-Geräusch wie zum Beispiel die vielfältigen Geräusche einer Großstadt, die der Städter eigentlich nur noch so am Rande wahrnimmt. Und dieses Hintergrundrauschen wird irgendwann immer weniger Raum im Wahrnehmungsfenster einnehmen und vielleicht sogar hier und da ganz verschwinden. Das ist aber ein automatischer Prozess. Er kann nicht angestrebt oder beschleunigt werden. Von daher sehe ich neben Hingabe und Toleranz keine anderen Möglichkeiten, mit ihm umzugehen.



Die bewusste Stille des Atems

Nun sitzen wir still und mühelos auf Kissen oder Bänkchen, haben die Geräuschkulisse des Körperinneren akzeptiert, sind in der Lage, dieses minutenlang zu halten, aber werden feststellen, das das Bewusstsein, wie immer wir das auch definieren mögen, Beschäftigung sucht und jetzt erst einmal beginnt, der autonomen Funktion des Atems vorzuschreiben, wie seine Arbeit genau zu geschehen habe. „Wir atmen jetzt ein, atmen jetzt aus“ und/oder „der Ausatem sollte länger sein…“ und/oder „Ich sollte mehr im Bauch atmen“ und/oder ähnliche Gedanken werden den Kopf füllen und wenn wir dann genau hinschauen, werden wir bemerken, das der Körper auf diese Aussagen nahtlos reagiert hat und ab jetzt anders atmet. Der Atem ist die einzige autonome Funktion des Körpers, die durch den Geist beeinflusst werden kann. Also, in meiner Vorstellung kann der Geist nicht wissen, wie Atem zu sein hat, und sollte daher diese Einflussnahme gar nicht erst beginnen. Die Werkzeuge dazu wären Aufmerksamkeit und Achtsamkeit.

Exkurs: Hat der Atem aber schon seine Beeinflussung erlitten, ist er nicht mehr so wie er sein sollte/müsste, um als angenehm wahrgenommen zu werden. Dann bin ich als Meditierender gezwungen, den Atem wieder in seine autonome Form zurückzuführen. Das geschieht in meiner Praxis mit drei tiefen Atemzügen, die aus einer ersten vollständigen Einatmung über Brustkorb und Bauch bis in den Unterleib gezogen werden. Dabei spannt sich zum Ende der Ausatmung hin die Bauchdecke leicht an, was zu bemerken ist und losgelassen wird. Sofort erscheint meist ein gieriger Einatem, der wiederum bewusst bis in den Unterbauch geleitet wird. Der nach der Entspannung des Unterbauches folgende Einatem ist wenig groß als der erste, wird aber wiederum bis in den Unterbauch abgeleitet. Dann wird der Atem einem Moment angehalten und der Unterbauch wiederum entspannt. Und dann, wir bemerken, das der Einatem nicht automatisch sofort einsetzt, beschließen wir, einfach nicht weiter zu atmen, ziehen uns vom Atem zurück und bleiben aufmerksam. Nach wenigen Sekunden bemerken wir, das der Atem wieder da ist, aber er ist leise, fast unmerklich und sehr fein.

Dann können wir uns wieder der Aufmerksamkeit des Ganzen widmen und den Atem vollständig vergessen. Er bleibt so, wie wir ihn verlassen haben, ruhig, mühelos und entspannt autonom. Das ist die Stille des Atems.

Die bewusste Stille des Geistes

Und als ob die bisher genannten Bedingungen für den Übenden nicht als schwierig erfahren werden, kommt er dann mit der Stille des Geistes an einen Punkt, der nahezu unerfüllbar bleibt. Nicht zu denken, wenn ich unbeweglich still herumsitze, ist nahezu unvorstellbar und sollte daher einfach gar nicht erst angestrebt werden. Es sind meist ja Vorstellungen, die jegliche Stille stören, und die sind ein Produkt des Geistes. Wenn der Geist also nichts produziert, ist es still. Klingt einfach, aber das ist es eben nicht. Menschen besitzen mit Bewusstsein eine Lebensfunktion, die in der belebten Welt einzigartig ist.

Exkurs: Nach neueren Erkenntnissen, und die stellen lediglich den aktuell anerkannten Kenntnisstand dar, ist Bewusstsein eine auf Resonanz und Verkörperung basierende Verbindung aus dem Gehirn/Neuronen, dem Körper und seinen Wahrnehmungs- und Gestaltungsfähigkeiten, dem Erinnerungsgefüge und der wahrgenommenen Umwelt. Die geglaubte Anwesenheit einer Seele ist dabei nicht notwendig, würde aber auch nicht stören.

Wenn wir uns in einer Meditationssituation befinden, ist die Umwelt still und bei geschlossenen Augen sogar ohne Kontur-scharfe Bilder, ist der Körper ohne äußere Bewegung mit Ausnahme des Kreislaufs und der Atem nahezu still. Das Alltagsbild ist also bereits durch die Vorgaben fürs Meditieren stark eingeschränkt. Trotzdem aber ist der Geist wach und somit in großer Bereitschaft zu arbeiten. Und er macht das, indem er aus dem Erinnerungspool/Vorstellung sozusagen ständig neue Gedanken formt. Neue Gedanken ist allerdings ungenau, denn es sind alte Gedanken in frischer Verpackung. Nun sind ständige Gedankenbilder der Erinnerung nicht Stille, sondern einem Selbstgespräch oder sogar Traum ähnlich. Um diesen Zustand beruhigen zu können bedarf es eines Verständnisses dessen, was Gedanken sind, wie sie funktionieren/wirken und was sie aufzuhalten oder abzuschwächen vermag. Festzuhalten ist hier zunächst einmal, das wir das Denken nicht bewusst durch Entscheidung einstellen können, denn das würde wieder Gedanken hervorrufen, die nämlich, die den Willen dazu auszudrücken vermögen. Auch kann man den Trick anwenden, den aktuellen Gedanken abzubrechen und gespannt und konzentriert auf den nächsten Gedanken zu warten. Das geht für eine gewisse Zeit ganz gut. Und auch wenn das zunächst Erfolg verspricht, kann das keine Lösung sein, denn Konzentration ist eben doch nicht Meditation. Ich empfehle daher diesen Trick nur anzuwenden, um stark fordernde und penetrante Gedanken zu stoppen. Besser erscheint mir nach meinem Kenntnisstand heute die Möglichkeit zu sein, den Raum des Denkens mit dem Raum der Körperwahrnehmung zu verbinden und so einen großen, nahezu grenzenlosen Raum des Bewusstseins zu schaffen, in den dann alle Emotionen, Gedanken und Körperwahrnehmungen einfließen und sich dort angesichts der Grenzenlosigkeit mehr und mehr verlieren. Das geschieht, indem man sich bei störenden Gedanken und Bildern an den Raum erinnert und sozusagen die Anregung gibt, das alles Gedachte in den weiten Raum hinüber fließt und dort verbleibt. Mit der Zeit wird diese Anstrengung mehr und mehr in eine Gewohnheit einmünden, die nahezu ohne Anstrengung und sozusagen autonom abläuft. Auf diese Weise erreicht man mit der Zeit immer mehr Raum und Zeit zwischen den Gedankenbildern. Diese Zwischenräume weiten sich nach und nach und nehmen dann mit zunehmender Übung einen Großteil der zur Verfügung stehenden Meditationszeit ein. Das nenne ich dann die Stille des Geistes.



Zusammenfassung

Wir haben jetzt einen Punkt erreicht, wo anhand des von mir praktiziertes Beispiels eine funktionale Meditationshaltung möglich gemacht wurde. Es gilt nun, innerhalb dieser Vorbedingungen die Pose der Meditation zu tragen und über einen längeren Zeitraum einzuhalten. Der geöffnete weite Raum des Bewusstseins ist ja nach wie vor nicht leer. Darin finden sich Gedanken, Erinnerungen und die Rauschkulisse der körperlichen Wahrnehmung. Das ist noch nicht „Nichts“.

Spekulation bezüglich „Die Befreiung“

Nun beginnt die Spekulation, die auf Aussagen großer Meditationslehrer beruht. Hier ist wichtig zu verstehen, das es an diesem Punkt bewusst und angestrebt nicht weiter gehen kann in der Praxis der Meditation. Denn das, was jetzt noch geschehen kann, ist, das die Wahrnehmungen von Körper und Gedanken völlig verschwinden und der Meditierende eintaucht ins „Nichts“, in die unendliche Leere und Freiheit des Nicht-Denkens, Nicht-Handelns, der Zeitlosigkeit und der Körperlosigkeit. Und das soll dann ein Zustand sein, der auf Gnade beruht, der sich für manche Menschen wie ein Blitz ereignet und der alle Schleier vernichtet. Dieser Blitz kann nicht mit Worten beschrieben werden, sie eigenen sich dazu nicht, da hier nur noch Erleben in Spontanität stattfinden kann. Hier beginnt nach den Aussagen großer Meister das Erfahren der Offenheit, der großen Leere, die Wortlosigkeit und die Außerkraftsetzung der Ratio durch die eine Wirklichkeit. Große Lehrer der Meditation haben dazu in der Regel ihren Schülern ziemlich seltsame Aufgabenstellungen gegeben. Das „Klatschen der einen Hand“ und „Mu“ sind zum Beispiel im Zen wohl die bekanntesten davon. In allen akzeptierten und bekannt gewordenen Antworten zu diesen Fragen wird man Subjekt und Objekt vergebens suchen, gibt es keine oder nur bedingte Kausalität, verschmelzen alle Gegensätze. So wird es berichtet.

Fazit

Das bisher geschriebene ist nicht mehr als eine Beschreibung einer individuellen Praxis meiner Person, die Arbeit mit und über Meditation zum bestehenden Zeitpunkt, nämlich während ich das hier schreibe, beispielhaft zu fixieren, um einerseits für mich Klarheit über mein Tun zu erlangen und um andererseits den interessiertem Leser eine Anregung zu geben, selbst mit einer solchen Praxis zu beginnen. Nicht mehr und nicht weniger sollen diese Zeilen bewirken. Nachdem ich jetzt ein wenig aufgedeckt habe, wie ich meine Meditationen für mich selbst gestalte, und etwas spekuliert habe, was denn wohl als das große Ziel dieser Tätigkeit sein könne, will ich mich etwas ausführlicher mit den kleinen Zielen und den einfachen Wahrnehmungen beschäftigen, die eine Praxis „der Meditation über nichts“ auslösen können und ein wenig plaudern über die verschiedenen Vorstellungen, die eine solche Übungspraxis begleiten, bewirken und auch erschweren können.

Die Frage nach dem Ziel

Die Frage nach dem Ziel einer objektlosen Meditation sprich der „Meditation über nichts“ wird von allen großen Lehrern gleich beantwortet: Es gibt kein Ziel, das erreicht werden kann, und wer trotzdem versucht, ein Ziel anzustreben, wird nur das Ende oder sogar den Verlust seiner Meditation auslösen. Das erscheint zunächst deprimierend zu sein, ist aber, und das bestätigt sogar die moderne Hirnforschung der Neuzeit, die einzig mögliche Bedingung, die Plastizität und zirkuläre Kausalität des menschlichen Bewusstseins so zu umgehen, das keine Reaktion auf unser Tun in Form von Vorstellung, Einbildung und Verstrickung den Blick in die Tiefe der Wirklichkeit verstellen kann. Der menschliche Geist muss sozusagen leer werden, wobei leer weiter geht als bis zum Boden des Gefäßes, sondern leer in dieser Metapher würde nicht nur ein bodenlosen Gefäß, sondern ein Gefäß vollkommen ohne Begrenzung bedeuten. Und ein solches Gefäß ohne Begrenzung, der Begriff Gefäß trifft also nicht einmal ansatzweise den Punkt, würde alles umfassen und nichts auslassen. Mit anderen Worten, wir begegnen hier der Polarität von alles und nichts, die nicht einmal die zwei Seiten einer Medaille, sondern die eine einzige Möglichkeit überhaupt beschreibt. Unsere Sprache kennt hierfür keine Form eines Ausdrucks, da sprachliche Begriffe sich immer abgrenzen müssen. Verschiedene Traditionen haben dafür aber trotzdem Worte gebildet, um darüber sprechen, um darüber lehren zu können. In China ist das „Dao“, in Japan ist das „Mu“, um nur die zwei bekanntesten zu nennen. Die oben beschriebene Praxis, einen imaginären Raum zu öffnen, in den alle Gedanken, Wahrnehmungen, Bilder, Laute und was sonst noch so ist einfließen, versucht diese Gefäß-Metapher als unbegrenzten Raum in eine vorstellbar erscheinende Begrifflichkeit umzusetzen.

Im folgenden Teil werde ich weitere Begrifflichkeiten, Worte und Vorstellungen, die häufig in Beschreibungen zur Meditation auftauchen, ansprechen, definieren und in meinem Sinne erläutern:



Transzendenz und Immanenz, Un- und Unterbewusstes, Seele und Atman

Betrachten wir zunächst einmal die Worte der Überschrift:

Transzendenz bezeichnet in Philosophie, Theologie und Religionswissenschaft ein Verhältnis von Gegenständen zu einem bestimmten Bereich möglicher Erfahrung oder den Inbegriff dieses Verhältnisses. Als transzendent gilt, was außerhalb oder jenseits eines Bereiches möglicher Erfahrung, insbesondere des Bereiches der normalen Sinneswahrnehmung liegt und nicht von ihm abhängig ist. Mit der in der Bezeichnung enthaltenen Vorstellung des „Übersteigens“ ist vor allem eine Überschreitung der endlichen Erfahrungswelt auf deren göttlichen Grund hin gemeint, seltener eine Selbstüberschreitung des Göttlichen auf die Weltschöpfung hin. Wikipedia (DE)

Der komplementäre Begriff des „Immanenten“ bezeichnet das in den endlichen Dingen Vorhandene, sie nicht Überschreitende und daher ohne Rückgriff auf Transzendent Erklärbares. Immanenz bezeichnet das in den Dingen Enthaltene, das sich aus ihrer individuellen und objektiven Existenzweise ergibt. Es ist der Gegenbegriff zur Transzendenz. Das Adjektiv immanent bezeichnet eine einem Gegenstand innewohnende Eigenschaft, die somit nicht durch Folgerung oder Interpretation hergeleitet worden ist.Wikipedia (DE)

Als Unbewusstes wird das philosophische und humanwissenschaftliche Konstrukt bezeichnet, dass menschliches Denken, Fühlen und Handeln nicht nur von bewussten Entscheidungen und Vorgängen bestimmt wird, sondern ebenso von Strebungen, Triebimpulsen, Strukturen oder Konflikten, die dem Bewusstsein, zeitweise oder grundsätzlich, verborgen sind und somit nicht von ihm kontrolliert werden können.Wikipedia (DE)

Das Unterbewusstsein ist jener Bereich der Psyche, der uns nicht zugänglich ist. Es ist ein bedeutender Teil unseres Wesens und dem Bewusstsein untergeordnet. Träume gelten als die Sprache des Unterbewusstseins. Über 90% unserer Gedanken und Handlungen werden vom Unterbewusstsein gesteuert. Das Unterbewusstsein sorgt dafür, dass viele Handlungen automatisch ablaufen und entlastet damit das Bewusstsein. Wenn wir wach sind, wirkt das Unterbewusstsein wie ein Filter. Es verarbeitet jeden Gedanken und nimmt keine Bewertung in gut oder schlecht vor. Medlexi (DE)

Der Ausdruck Seele hat vielfältige Bedeutungen, je nach den unterschiedlichen mythischen, religiösen, philosophischen oder psychologischen Traditionen und Lehren, in denen er vorkommt. Im heutigen Sprachgebrauch ist oft die Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge beim Menschen gemeint.Wikipedia (DE)

Atman bzw. Atma ist ein Begriff aus der indischen Philosophie. Er bezeichnet das Selbst, die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes, und wird häufig als „Seele“ übersetzt. Im hinduistischen Konzept wird „Jiva“, der Träger der individuellen Persönlichkeit, ein feinstofflicher, unsichtbarer Leib, der der Wiedergeburt unterliegt, vom Atman unterschieden.Wikipedia (DE)

Die westlichen Gesellschaften werden in der Nachfolge von einer Philosophiegeschichte über 2500 Jahre vom Begriff des Transzendenten geleitet. Nur wenige Philosophen mit bekannten Namen haben sich von dieser abgewendet und der Immanenz verschrieben, darunter Spinoza. Transzendenz-Vorstellungen, also das Verhältnis zu einem Bereich, der außerhalb menschlicher Erfahrung liegt (Gott, Schöpfer, Kosmos) hat viele Formen hervorgebracht, die in religiösen, weltanschaulichen und Welt-erklärenden Theorien mündeten und somit geglaubt werden müssen, um Wirkung oder Handhabe zu erzeugen. In meiner Vorstellung ist Transzendenz und ein Wissen darüber im Grunde unmöglich. Wenn etwas außerhalb möglicher Erfahrung liegt, kann nichts darüber ausgesagt werden, was auch nur annähernd als wirklich (echt, wahr) bezeichnet werden kann. Etwas ähnliches sehe ich in den Begriffen des Unbewussten und Unterbewussten. Etwas, was sich unterhalb des Fensters des Bewussten oder gar außerhalb dessen lokalisiert wird, kann dem Bewusstsein nicht bekannt sein. Daher lehne ich alle Aussagen, die sich auf diese „Bereiche“ beziehen, grundlegend ab. Ich kann sie akzeptieren als Basis für Gedankenspiele zum Beispiel in der philosophischen und psychologischen Spekulation, aber für die Suche nach Wirklichkeit und Freiheit spielen die drei keine Rolle.

Exkurs: Ich sehe diese Reaktionen, die nach geltender Lehre dem Un- oder Unterbewussten entspringen sollen, als eine Form der Ereignis- und Erfahrungsverarbeitung an, die sich sozusagen wie offene Schleifen darstellen, die immer dann aktiviert werden, wenn das fehlende und gleichzeitig auch passende Ereignis-, Wahrnehmungs- und Vorstellungsstück generiert, wahrgenommen oder als Impuls aufgenommen wird. Sie werden als Gedanken generiert und unterliegen mit etwas Übung und wachem Verstand der Willenskontrolle.



Eine ähnliche Rolle spielen in meiner Vorstellungen Begriffe wie Seele und Atman. Beide werden dazu verwendet, das Weiterleben oder Wiedergeboren-Werden nach dem biologischen Tod zu beschreiben, indem diese sozusagen in die nächste Stufe oder Leben hinübergehen (Transzendenz). Somit wird in meiner Anschauung der Fokus des Lebens darauf gerichtet, die Vorsorge über Seele und Atman für ein Leben nach dem Tode zu priorisieren. Wohin das geführt hat zum Beispiel im christlich geprägten europäischen Mittelalter, sollte eigentlich wohl bekannt sein. Die Seelen wurden für das Paradies gerettet, Körper und Geist aber wurden getötet und verbrannt. Nun sollte eine meditative Praxis nicht in diesem Sinne gedacht und praktiziert werden. Es geht in der Meditation darum, dem Leiden, den Verstrickungen und Missverständnissen dieses Lebens hier und jetzt zu entkommen und ein Leben in der Nähe von Wahrheit, Wirklichkeit und Freiheit zu erreichen.

Somit verbleibt für mich als Basisgedanken einer Weltsicht nur der Begriff des Immanenten, den ich einer Suche nach Erklärungen oder Erfahrungen einer wie immer objektlosen Meditationspraxis zugrunde legen kann. Alles, was ich erfahren kann, mir erarbeiten kann, mir begegnen kann muss daher bereits im menschlich zugänglichen Raum enthalten sein. Es gibt kein Hinüber-Fahren, Hinüber-Gleiten, Ein-Gehen, Übersteigen oder dergleichen, sondern nur ein Erkennen, Erfahren und Betrachten einer Wirklichkeit, die schon da ist. Und ich neige nach umfangreichem Studium der Texte zu der Ansicht, das diese Wirklichkeit so banal und beinahe selbstverständlich ist, wie das von vielen Lehrern des Zen auch ausgedrückt wird. Wir sehen diese Wirklichkeit nicht, weil sie durch Vorstellungen, Theorien, Vermeidungsstrategien, Dogmatiken und Wunschvorstellungen verdeckt ist. Und weil sie verdeckt bleibt, ist ein Leben in Freiheit nicht möglich. In meiner Anschauung heute ist das einzige und wirklich erstrebenswerte Ziel das Ziel, das nicht durch Willenskraft erreicht, nicht erlernt und nicht erstritten werden kann. Es kann nur durch Erfahrung erreicht werden, und Erfahrung, wir sehen das an der Erfahrung des Gehen-Lernens eines Kindes, erfordert Mut, Hartnäckigkeit und Einsatz. Aufstehen, gehen, hinfallen, aufstehen, gehen, hinfallen, … solange, bis das Gehen wirkmächtig da ist. Und wir wissen, das Lernen dieser Art im Leben nie aufhören kann, denn Alter und Krankheit, Ungeschick und eine Verkettung ungünstiger Umstände können niemals ganz ausgeschlossen werden.

Erfahrung, Einsicht und Loslösung

Wir setzten den Gehalt von Erfahrung meist sehr hoch an. Erfahrungen sind im Volksmund immer außergewöhnliche Ereignisse, wo sich seltene, einzigartige oder außergewöhnliche Dinge ereignen? Das ist eine sehr kurze, enge und begrenzt gefasste Ansicht. Sind Erfahrungen nicht auch der erfrischende Geschmack einer Banane, die direkt aus dem Kühlschrank kommend genossen wurde. Oder der banale Geschmack sauberen Wassers nach einer körperlichen Anstrengung. Sind Erfahrungen nicht auch das Lächeln eines Kassierers im Supermarkt, die Aufmerksamkeit eines Hotelangestellten oder der verständnisvolle Blick eines Vorgesetzten, der einen Fehler bemerkt und kundtut, das er das als menschlich empfindet? Als Erfahrungen gelten müssen doch jegliche Ergebnisse und Auswirkung einer beliebigen Handlung oder Begebenheit. Wenn ich 20 mal eine Frucht gegessen habe und ich jedes mal bemerke, das sie mir nicht schmeckt, obwohl sie als außerordentlich gesund gilt und vielleicht sogar sehr begehrt und teuer ist, dann ist das doch bestimmt, so denken wir, eine Erfahrung, der ich immer Rechnung tragen sollte? Und trotzdem kann das sogar schon beim 21. Versuch ganz anders sich darstellen. Erfahrungen sind Momentaufnahmen, gültig nur am Tage „Jetzt“, und nicht mehr. Die Erfahrung will uns sagen, das hier und jetzt eine Chance oder eine Gefahr lauern könnte, jedoch nicht muss. Sie zu ignorieren ist daher genauso falsch wie ihr blind zu vertrauen.

Ähnlich, aber doch in einem sehr anderem Kontext stellt sich eine Einsicht dar. In meiner Vorstellung ist Einsicht dann gegeben, wenn es für einem Moment gelingt, hinter die große Mauer des Bewusstseins zu schauen in eine Welt, die für die große Allgemeinheit der Menschen als unerreichbar gilt. Sie ist aber trotzdem nur eine Momentaufnahme und bleibt nicht für alle Zeiten gültig. Sie ist von der Erfahrung darin unterschieden, das sie für den Schauenden die Möglichkeit schafft, das Leben für kurze Zeit vollkommen anders zu erfahren. Die Einsicht ist somit tiefer gehend als die Erfahrung, viel tiefer. Sie schafft Vertrauen in das gelebte Leben, ohne dieses festzulegen. Der beständige Zugang zur Welt hinter der Mauer, ein Leben in unverfälschter Wahrheit und Wirklichkeit kann Freiheit genannt werden. Sie ist, und da sind sich nahezu alle Lehrer einig, schwer und äußerst selten zu erlangen und kann nicht angestrebt werden. Sie ist, oder sie ist nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich auf die Frage, ob ich diese Freiheit erreichen möchte, jemals mit „ja“ antworten sollte/könnte. Ich stelle mir das sehr schwer vor, so zu leben. Aber ich möchte hier und da schon mal gerne einen kurzen Blick riskieren. Sollte er sich anbieten, werde ich bestimmt nicht „nein!“ sagen. Aber ich werde auch nicht traurig sein, sollte mir das versagt bleiben.

Geht man weiter zu dem Begriff des Loslassens, der Loslösung, der Befreiung oder wie auch immer die genaue Fassung lautet, wird die direkte Frage auftauchen, von was denn hier eigentlich eine Lösung stattfinden soll. Sobald ich dann die vielen Beispiele erwähne, von der ein Loslösen stattfinden kann, habe ich den Weg verloren und befinde mich im tiefsten Wald ohne Orientierung wieder. Ich habe mich verlaufen. Das Problem einer Bindung sind doch nicht die Knoten, die ich kenne, sondern die vielen, die ich übersehen habe, von denen ich nichts weiß oder die ich vielleicht sogar als selbstverständlich betrachte. In einer spirituellen Praxis geht es um die Letztgenannten. Sie sind es doch, die unbarmherzig festhalten. Und die kann man eben nicht durch Vorstellungen und Erfahrungen lösen. Hier wirken keine Argumente, keine Überzeugung und noch so gut gemeinte Ratschläge. Sie sind selbst nach den Theorien der Hirnforschung wie offene Schleifen im Bewusstsein, die blitzartig sich schließen und wirken, wenn ein passendes Bindeglied sich einfügt. Ein Wort, ein Bild oder eine einzige Wahrnehmung, und die ganze verschlungene Wirkkette setzt sich nahezu automatisch in Bewegung. Diese offenen Schleifen kann man nicht aufdecken durch Nachdenken oder systematische Suche. Sie lassen sich nur auffinden durch das Schließen der Kette. Und dieses Schließen sollte dann stattfinden, wenn sich der Übende in einem Schutzraum befindet, wenn die Umgebung und der Handlungsspielraum massiv eingeschränkt sind und genügend Raum zur Verfügung steht. Und es sollte sichergestellt sein, das die Wirkkette keinen Schaden anrichten kann. Dieser Schutzraum ist die Meditation, das Verweilen im großen Raum der Stille. Hier kann sich in Gedanken jede Schleife schließen, hier kann der Übende schauen, welche Reaktionen einmal geschlossene Ketten auszulösen vermögen und somit lernen, sie zu fördern oder ihnen gegebenenfalls zu begegnen. Hier kann leben, was im Alltäglichen verborgen ist (s.u.).



Es sind die Erfahrungen des vergangenen Lebens, die die Schleier, die Mauer bilden, durch die hindurch gesehen werden muss, um Einsicht ins wahre Leben zu erlangen. Und es sind nicht nur die großen, sondern auch die unzähligen kleinen Erfahrungen, die hier einen Schutzschild, einen Schleier, eine Mauer, eine Schiene, oder wie auch immer man das nennen mag, bilden. Sie werden im Schutzraum der Meditation abgetragen, Schicht für Schicht, Stein um Stein, Knoten für Knoten. Für diese Arbeit im Schutzraum der Stille gehört Mut, Disziplin und Stehvermögen. Nicht immer ist das, was dort auftaucht, sich öffnet, wieder schließt und sich kurz oder länger zeigt, von angenehmer und würdevoller Art. Aber diese Arbeit ist wichtig für ein Leben ohne Leid und Schmerz. Leid und Schmerz werden doch nicht allein durch Ereignisse hervorgerufen, denen ich ausgesetzt bin, sondern auch durch die Vermeidungsstrategien, die einmal erlittenes Leid hervorbrachten und in Form von Vermeidungsmechanismen mit immer den gleichen Handlungen verbunden sind, Handlungen, die im aktuellen Fall oftmals vollkommen daneben liegen und nur unnötiges weiteres Leid verursachen. Und da hilft auch nicht die Spontanität, zu der immer wieder geraten wird. Spontanität greift ja geradezu auf diese Schleifen zurück. Dieses Motiv wird erst dann brauchbar, wenn die vorhandenen Schleifen erkannt, erneuert oder abgetragen wurden, also erst nach einer umfänglichen Meditationspraxis.

Die Nützlichkeit der Visualisierung des leeren Raumes

… ist in der Meditation ein Werkzeug in Form einer Metapher [4. Eine Metapher ist ein „ sprachlicher Ausdruck, bei dem ein Wort aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang in einen anderen übertragen wird, ohne dass ein direkter Vergleich die Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem verdeutlicht“.Wikipedia (DE). Das ist so, weil für Raum, der unendlich und zeitlos gedacht wird, kein Name vergeben werden kann. Was alles umfasst, kann von nichts unterschieden werden. Da es neben Raum aber noch andere Namen gibt, ist der Ausdruck Raum für Raum nicht zutreffend und daher auch ohne Beziehung. HpS.]. Wenn wir uns die Meditationspraxis wie von außen betrachtet anschauen, verengen die Meditationsvorgaben den Raum der Wahrnehmung auf körpereigene und Sinneswahrnehmungen meist in Form von Körpergefühl, Bildern und Geräuschen. Somit bleibt viel Platz für die Vorstellungswelt des Menschen. Und da Menschen immer auch Erlebnisse und Ereignisse mit auf die Matte tragen, werden sich dort auch die vorgefertigten Schleifen, von denen weiter oben die Rede war, nach und nach einstellen. Jeder Meditierende, der einmal emotionsgeladen (Wut, Zorn, Trauer, Mattheit, Enttäuschung…) sich auf seine Matte zurückgezogen hat, weiß, was ich hier anspreche. Werden solche Gedankenbilder/Vorstellungen aber zu den anderen schon vorhandenen Wahrnehmungen in den leeren Raum geleitet, der sich durch Schauen hinter geschlossenen Lidern imaginär öffnet, dann wird dem Betrachter schnell klar, das all das zusammengehört und immer als „mein“ angesehen werden muss. Es ist wie das Körpergefühl, das Hören ja in dem Raum meines „Ich“ versammelt, somit als Vorstellung erkennbar und kann zur Einflussnahme bereit, kann dann verändert oder sogar gelöscht werden. Es entfallen die Ursachen, die Möglichkeiten der Auslagerung und Schuldzuweisungen im/nach Draußen. Es ist ja nur mein Raum, durch Meditation geöffnet, daher anderen unzugänglich, der somit auch nur durch meine eigene Vorstellung bestückt werden kann. Ich erkenne dann die Stimmung als „mein“ und nicht durch andere ausgelöst. Jetzt kann ich auflösen oder zumindest lindern.

Das unbeliebte/heiß-geliebte Ich

Die Aussageform „Ich…“ hat in der Spiritualität eine seltsame Ausprägung. Während die alten Traditionen in ihrer Form den Ich-Gedanken eher ablehnen oder ihn für ein Zumutung halten, ist das „Ich“ in der Moderne wieder ganz groß im Kommen, und zwar als Selbst-Optimierungsgedanke. Also ich persönlich kann in beiden Extremen keinerlei Anregung finden. Nehmen wir mal an, ich meditiere aus einer spirituell begründeten Suche heraus. Muss ich dann jeden Gedanken, der mit „Ich…“ anfängt, verwerfen? Oder sollten, das andere Extrem, das „Ich…“ grundlegend immer Verwendung finden, da ja nur ich zunächst einmal an meiner spirituellen Suche „profitieren“ kann und erst dann andere Wesen betroffen sein werden? Das keines der Extreme in irgendeiner Weise angewendet werden kann belegt doch schon der folgende einfache Satz: Ich setzte mich gleich auf meine Matte zur Meditation, um Ruhe zu finden. Ohne den Ich-Gedanken werde ich meine Matte nicht finden, und ohne den Ziel-Gedanken werden ich wohl nicht anfangen mit meiner Übung. Somit sind doch beide notwendig. Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist mehr die, wie viel, wann und zu welcher Gelegenheit das „Ich…“ als Denkform gebraucht wird. Und zur Zeit denke ich, das es oftmals zu sehr im Fokus steht und gebraucht wird, ohne den Nutzen dieses Gebrauchs überhaupt bedacht zu haben. „Ich“ verdeckt allzu oft die Motive Mitdenken, Mitfühlen und Mitarbeiten, da der alleinige Blick aus der Eigenperspektive den Blick auf das Ganze unnötigerweise verengt.

Ich habe für mich beschlossen, das Motiv „Ich…“ nur dann noch zu gebrauchen, wenn ich nicht umhin kann, mich zu positionieren. Das heißt aber nicht, das ich dann wie oft anzutreffen auf die „Man…“ Perspektive auszuweichen muss. Es gibt unzählige Gelegenheiten in einem Gesellschaftsleben, wo ein Sich-Positionieren gar nicht notwendig ist. Ich versuche einfach nur aufzunehmen, zu schauen, zu verstehen, was um mich herum geschieht und versuche, mich eines Urteils zu enthalten oder zumindest es nicht (sofort) auszudrücken/auszusprechen. Und auch wenn das nicht immer so vollständig geschieht, wie ich mir das wünsche, ich übe ja auch immer noch, so mache ich doch hier und da die Erfahrung, das ich seither besser fahre und im Leben leichter unterwegs bin.
Ich habe viele Menschen getroffen, die auch in Sachen Selbst-Optimierung unterwegs sind. Ich erkenne diese Maßnahmen meistens an der streng verengten Perspektive, die ein solches Vorhaben mit sich bringt. Häufig ist der Optimierungsgrund mit einer arbeitstechnischen Überforderung begründet. Man versucht, sich für das stressige Arbeitsleben, für das stressige Familienleben oder die stressigen Ansprüche in der Freizeitgestaltung zu präparieren. Das ist auch in Ordnung, aber es muss trotzdem ein Blick auf die Welt möglich sein. Meine Devise im Arbeitsleben und … war immer: Soviel wie notwendig, so wenig wie möglich, und es sollte immer ein Hintertürchen geben. Und ich denke so, weil die Welt zwar perfekt ist, die Menschen das aber nicht sind. Und die Welt ist geduldiger als die Menschen. Und ich bin einer dieser Nicht-Perfekten und Ungeduldigen. Alles weitere leitet sich davon ab und ist selbsterklärend.



Das „Nichts“ als Vorstellung?

Wenn wir von Nichts sprechen, bilden wir einen Namen für etwas, was nicht da ist oder auch gar nicht existiert. Da sein können eigentlich nur Dinge, die eine materielle Präsenz haben, das heißt, wenn ich dagegen laufe, hole ich mir eine Beule, wenn ich es fallen lasse, finde ich es auf dem Boden wieder und ich kann zu einem Menschen sagen: Sieh mal das da… und er/sie sieht es auch. Aber es gibt ja mittlerweile auch Dinge, die nicht da sein können, Dinge, die weder greifbar sind noch ohne größeren Aufwand einem anderen Menschen zugänglich gemacht werden können. „Kultur“ ist so ein Begriff, „wertvoll“ auch und das „Ziel“ ist auch so etwas. Diese nicht existierenden Dinge verweisen nur auf etwas, was da sein könnte, und sie verweisen sowohl auf Dinge als auch auf Verweise, die wiederum auf etwas verweisen und so weiter. „Nichts“ als Substantiv ist daher etwas, das der letzteren Gruppe angehört. Das Wort verweist auf die Abwesenheit von etwas, und in diesem Fall ist dieses etwas die Summe aller möglichen Dinge und aller möglichen Verweise. Verben sind auch Verweise, so zum Beispiel „gehen“. Ich verweise auf die Möglichkeit, mich von einem Ort zu einem anderen zu bewegen mit Hilfe meiner Beine. Nun ist es selbst in westlicher Logik so, das ohne Dinge und Verweise kein Denken möglich ist. Dinge werden nach Namen geordnet, Verweise ebenfalls. Nutze ich also keine Namen und verweise ich nicht, ist kein Denken möglich. Ohne Denken gibt es keinen Bezug zu Zeit, die ja auch nur ein Verweis ist. Erreiche ich also das höchste Ziel der Meditation, zeitweise ohne Denken zu sein, ist in dieser Aussage auch keine Zielvorstellung möglich, denn das Ziel ist ohne Denken ja kein Verweis mehr. Und an die Zeit „ohne zu denken“ gibt es daher auch keine Erinnerung. „Nichts“ als Ziel zu setzen ist zwar möglich, aber ich werde, selbst wenn ich das Ziel erreichen sollte, mich nicht daran erinnern können. Lediglich die Meditationsuhr kann/wird mir sagen: Also, für die zwei Gedanken, die du gedacht hast, ging die Zeit aber schnell vorüber. Aber sicher kannst du nie sein, am Ziel gewesen zu sein. Mir genügt der Begriff Raum, um meinen Gedanken und Fühlen ein Ziel zu geben. Sind die dann weg, ist ja schon nichts (mehr da). Daher brauche ich das Ziel „Nichts“ nicht anzustreben. Es kommt… mich besuchen.

Wie Bewusstsein, Ich und Körperlichkeit zusammenhängen

Nach der normativ westlich christlichen Vorstellung besteht der Mensch aus Körper, Geist und Seele, Wobei dem Körper wenig, dem Geist etwas mehr und der Seele viel Bedeutung beigemessen werden. Nun ist diese Verteilung der Wertigkeiten mittlerweile umstritten, da noch nicht einmal die Wissenschaften diesen Gedankengebäuden mehr nachhängen. Nach den neuesten Forschungen muss konstatiert werden, das sich das Bewusstsein aus der Wahrnehmung des Körpers (Gefühl), den Tätigkeiten des Geistes (Erinnerung, Erfahrung, Wissen) und der den Menschen umgebenden Welt zusammensetzt, wobei dieses Bild in Form von Plastizität ständig (Prozess) aktualisiert wird. Das heißt unter anderem, das dieses Bild niemals feststeht und der Mensch daher nicht festgelegt werden kann. Und auch mit sich selbst ist eine solche Sicherheit (Ich weiß, wer und was ich bin… und tun werde…) nicht zu erreichen. Mit anderen Worten heißt das auch, das die Aussage „Ich bin…“ sich ähnlich unscharf verhalten muss wie die Frage, „wo sich ein Elektron gerade aufhält“.

Krishnamurti geht in dieser Frage noch ein Stück weiter. Für ihn muss der Geist, bevor er sich überhaupt intelligent verhalten kann, sich erst einmal von der Tradition (Kultur), der Gewohnheit und der Misslichkeit des Vorurteils befreien, bevor wir den Reichtum der Welt verstehen und darin frei handeln können. Diese geistigen Eigenschaften bilden den Schleier der Verblendung, die das Verstehen des Lebens verhindert und zu Leiden und Verwirrung führen. Jeder wache Mensch muss die Probleme dieser Welt (Hunger, Armut, Hass, Dummheit, Grausamkeit, Ausbeutung, Angst, Verwirrung, Hoffnungslosigkeit, …) sehen, sagt er, und dieses Wissen muss ihm zu schaffen machen. Und viele werden dann sich einer Organisation (Partei, Religion, Freiheitsbewegung, NGO, …) anschließen wollen, um diese Probleme zumindest in Teilbereichen zu lösen. Aber eine Organisation legt wiederum fest und schafft so genau die gleichen Probleme, die sie zu lösen versucht, etwas variiert zwar, aber ebenso verblendet. Jeder kann nur sich selbst seiner Verblendung entledigen, keine Gruppe kann dabei helfen. Dazu bedarf es keiner Revolution, keiner Reform oder geistiger Schulung. Es ist einfach nur das Schauen in die eigenen Strukturen (Werte, Ideale, Glaubensvorstellungen), das Ergründen dieses Netzes und das Verstehen, wie es entstanden ist, was es will und wofür es vorgibt zu wirken. Die Menschen werden leiden auf diesem Pfad, werden sich allein fühlen, aber dieses Leiden wird sie wach machen, wird ihre Intelligenz wecken und sie werden verstehen, was zu tun ist, für sich und durch ihr Beispiel für andere. Das ist der Weg, den Krishnamurti vorschlägt.

Für Krishnamurti ist das „Ich“ eine Repräsentanz der Welt, die sich durch Tradition und Gewohnheit, die festlegen statt loszulassen, aufbaut und daher niemals mit „hier und jetzt“ (Wirklichkeit) übereinstimmt. Das erzeugt Angst, erzeugt Konflikte, die sich nicht lösen lassen werden, ohne den Grund, die Ursache ihres Erscheinens zu verstehen. Gefühle sind nur Gefühle, die direkt zum Handeln auffordern, sie zu interpretieren und damit auf die Erfahrung der Vergangenheit zurückzugreifen, mag hier und da im praktischen Leben sinnvoll erscheinen, aber dies kann und darf sich nicht zu einer allgemeinen Verfahrensweise auftürmen, wie sie Philosophie, Religion, Weltsicht und Politik praktizieren.

Worauf es ankommt, ist, in Konflikt mit den Traditionen… zu geraten, in der (denen) sie gefangen sind, und nicht intellektuell mit Hilfe eines Ideals auszuweichen. Wenn sie (damit) beginnen… werden Sie auch beginnen, die wahre Intelligenz zu wecken, die allein die vielen menschlichen Probleme lösen kann. Aus Vollkommene Freiheit, Spirit, S. 39

Für Krishnamurti ist Meditation die Konfiguration eines Bewusstseins, das das Denken zu kontrollieren versteht. Es ist ein anderes Bewusstsein, das eine Matrix schafft, die nicht aus Vergangenem über die Gegenwart in die Zukunft denkt, was nur zu Konflikt und Leiden führen kann, sondern das ohne Angst, Vorurteil und Werteeinordnung einfach nur schaut, was ist, und danach handelt. Und Krishnamurti betont, das es das Individuum, das wir zu sein glauben, nicht gibt. Die Menschheit ist ein Bewusstsein, an dem jeder Einzelne Anteil, Teilhabe hat.



Die beiden Definitionen von Bewusstsein, also die der Neuro-Immunologie (Wissenschaft) und die Krishnamurti‘s liegen genau betrachtet gar nicht so weit auseinander. Während Krishnamurti stets nur das Eine, das Einzig-Existente denkt und daraus eine neue Form von Bewusstsein konstatiert, ist die Wissenschaft, ihrer Gewohnheit folgend, nur an Beweisbarem, Nachvollziehbarem interessiert und folgt nicht in die Spekulation oder in die erzählende Ausnahmeerscheinung, wie sie Krishnamurti nun einmal ist. Somit kommen beide Linien auch zu unterschiedlichen Folgeaussagen, zu anderen Schlussfolgerungen. Das ist aber ebenso gleich-gültig wie jede andere Intension, mit der ein Mensch in seinem Umfeld, seiner Sphäre Frieden und Leidlosigkeit zu schaffen sucht. Alles was die verschiedenen Disziplinen von Spiritualität und Bewusstseinsforschung bisher zu Tage gefördert haben, zielen nicht mehr und nicht weniger auf das gleiche Ziel hinaus und zeigen einen nahezu einheitlichen Weg auf. Dieser Weg geht über eine Selbsterforschung und die Aufgabe von (alten) Regeln und Normen. Um neu zu denken muss das Alte weichen. Es ist ein wenig wie mit einer Werkstatt. Wenn man mehr Platz braucht dort, muss ausgemistet werden und eine Ordnung herrschen, die klar und übersichtlich ist und somit Neues ermöglicht. Und der ordnende Mensch muss hellwach sein und bleiben, damit ihm das Alte ebenso wie auch das Neue nicht immer wieder um die Ohren fliegt.

Bitte verstehen Sie das hier geschriebene nicht falsch. Die Zeilen oben sind nur eine Momentaufnahme, und wahrscheinlich würde ich das heute, am dem Tag, an dem Sie das also lesen, nicht mehr genau so schreiben. Ich lehne Tradition nicht ab. Ich lehne auch das konservative Denken nicht ab. Aber auch immer nur das Neue zu denken ist keine Lösung. Und es gibt keine grundsätzlichen Entscheidungen, auch nicht für eine Meditationspraxis. Das gilt für die Sitzhaltung ebenso wie die Inhalte, Zielvorstellungen, Übungen, Formen und Rituale. Jeder Satz, der mit „Du musst…“ anfängt, ist verdächtig, ein Dogma zu sein. Und das Gleiche gilt für jede Vorgabe zu Zeit und Raumgestaltung, Dauer und Intension (Inhalt). All das können nur Vorschläge sein, die von erfahrenen Meditierern einem unerfahrenen Menschen gegeben werden können. Letztlich müssen Sie selbst jede Erfahrung, jedes Erleben, jede Arbeit und jede Ent-Täuschung durchmachen, von denen der Erfahrene erzählt. Daher mein Rat: Gehen Sie ruhig mal in eine Gruppe und schauen Sie dort, was andere Meditierende so tun. Aber: Setzen Sie sich auf jeden Fall bei Bedarf, am Besten täglich, hin und meditieren Sie, schauen sie, erleben Sie und entscheiden Sie selbst, was für Sie gut ist. Nichts und niemand kann Ihnen dabei helfen, und Sie brauchen weder Bestätigung noch Motivationen, die von außen kommen. Wichtig ist, was Sie tun, und wichtig ist, warum Sie das tun. Und wichtig ist, da Sie dabei wach und aufmerksam sind. Alles andere wird sich einstellen, früher oder später. Sie sind das Ziel, und das Ziel ist schon so gut wie erreicht, wenn Sie wissen, wo Ihre Matte und das Kissen dafür liegen.