Die Objektlose Meditation der Stille

Wenn wir uns über Meditation unterhalten wollen, müssen wir zunächst einmal verstehen und hinterfragen, was wir aktuell unter Meditation verstehen. Das Verständnis, die Informationen und unsere Vorstellungen darüber können ja nicht so einfach ausgeblendet werden, wenn Meditation stattfinden soll. Die Richtigkeit dieser Aussage erkennen wir darin, das jeder Übende, der Erfahrungen macht, diese in der Regel mit den kulturellen Errungenschaften seiner Zivilisation beschreibt.



Wenn eine Kultur keinen Gott kennt, wird sich eine spirituelle Erfahrung nicht in der Form göttlicher Vorstellungen ausdrücken. Da alle Menschen solche Vorstellungen besitzen, wir in Kulturen hinein geboren, vielleicht sogar hineingeworfen werden, wachsen darin auf, diese auch nicht löschen können wir ein Dokument auf einem Rechner, muss jeder daher mit dieser Sachlage intelligent umgehen können, sonst findet Meditation nicht statt. Wir brauchen mit anderen Worten Kenntnis über unsere Vorstellungen. Diese können nur erreicht werden, wenn wir uns der Grundlagen unserer kulturellen Prägung bewusst werden, denen all unser Denken und Handeln zugrunde liegt.

In einem christlich geprägtem Umfeld wir in Zentraleuropa üblich heißt das, das wir automatisch [1. Ich vermeide die Unterscheidungen bewusst, unter- und unbewusst absichtlich…, da alles unterhalb einer bewussten Ebene nur Spekulation sein kann.] verschiedene Grundpfeiler annehmen müssen, die unser Denken und Handeln sowie unsere Wahrnehmung in ganz bestimmte Weise strukturieren und daher auch in Bahnen lenken. Wir leben eine vorgegebene Ordnung, die uns im Chaos der allgegenwärtigen Wahrnehmungen eine Struktur ermöglichen, die von unseren mentalen Fähigkeiten fassbar ist. Dazu vergeben wir Namen für Teilbereiche unserer Wahrnehmung, teilen mit deren Hilfe die Welt und ihre Manifestationen in Schubladen, Fächer und Kategorien ein, in der Regel, indem wir uns erinnern, und konstruieren daraus einen Plan von Welt, an dem wir uns im Alltag orientieren. Das ist grob vereinfacht eine Beschreibung dessen, was wir „Denken“ nennen.

Diesem Denken liegen in der europäischen Kultur Setzungen zugrunde. Und weiterhin tragen wir Denkweisen in uns, die, betrachten wir sie genau, nicht zielführend sein können. So soll zum Beispiel die Meditation und der damit verbunden Praxis in aller Regel ganz bestimmte Ergebnisse erzielen. Nur widerspricht das besonders dann, wenn wir in östlichen Traditionen üben (Zen, Yoga, Taoismus, Buddhismus), grundsätzlich den dort in den Schriften beschriebenen Vorgehensweisen, die aussagen, das wir gar nicht vorab wissen können, was eine Meditationspraxis bewirken wird und dass dabei Reaktionen und Ereignisse der Wahrnehmung auftreten können, die wir so gar nicht beabsichtigen oder niemals in Betracht gezogen haben. Mit anderen Worten: Es können Erscheinungen auftreten, die wir gar nicht beabsichtigen.

Exkurs: Kundalini

Nehmen wir als einfaches Beispiel das Auftreten von Kundalini-Erfahrungen, wie sie der indische Yoga beschreibt. Diese sind nicht vorübergehende Erscheinungen, die mit dem Abbruch der Meditationspraxis aufhören. Einmal in Gang gesetzt, läuft der Kundalini-Prozess nach allen Beschreibungen autonom ab, und wir haben als Mensch darüber zumindest über einen mehr oder weniger langen Zeitraum keinen Einfluss. Auch wird sehr häufig davor gewarnt, unvorbereitet Kundalini-Erfahrungen anzustreben. Die Erweiterung der energetischen Abläufe, die Verstärkungen der Wahrnehmungsfelder und die körperlichen Auswirkungen derselben benötigen eine gut gefestigte Haltung und Konstitution. Und was für Kundalini gilt, wird wohl auch für die anderen Erfahrungsformen (Satori, Kensho, Samadhi) gelten, wenn auch wie hier und da beschrieben mit anderen Prägungen.

Normalerweise werden in westlichen Beschreibungen unterschieden zwischen Fernöstlichen Traditionen, Meditationen im Buddhismus, Christliche Traditionen und der Anthroposophischen Tradition. Dann werden Unterscheidungen gemacht zwischen Passiven Meditationen, der Stille- oder Ruhemeditation, der Achtsamkeits- oder Einsichtsmeditation, der Konzentrationsmeditation und Transzendentale Meditation, der Aktiven Meditation – Zen-Buddhismus, Tantra, Yoga, Kampfkunst, Neuere fernöstlich inspirierte Meditationsmethoden, Geh-Meditation, Tanz, Musik und Rezitation, Körperhaltung – wobei diese Aufzählung nicht vollständig genannt werden kann (Quelle: Wikipedia DE).

Im Gegensatz dazu bin ich der Ansicht, das man grundsätzlich unterscheiden sollte zwischen Meditationen und Kontemplationen in einer ruhendem Körperpose einerseits, wobei ersteres die Stille als Zugang nutzt und letzteres mit Konzentrationen auf verschiedene Motive – Text, Bilder, Mandala, Mantra, Atem, etc. – arbeitet. Aktiv den Körper bewegende Übungen würde ich hierbei aber mehr oder weniger grundsätzlich ausnehmen. Sie stellen eine eigene Kategorie dar. Die Ausübung von Handlungen, die in die gleiche Kategorie wie die sportlich bekannte „Variable Verfügbarkeit“ fallen, – Musikinstrument, Gesang, Tanz, Gehen, Laufen, Springen, Malen, Schreiben, etc. – sind zwar ebenfalls geeignet, in meditative Zustände zu gelangen, sind aber doch von der ruhenden Positionierung des Körpers und dem Gebot, auf Impulse aus der Außenwelt nicht zu reagieren, sehr verschieden, da dort auf jeden Fall eine objektbezogene Fixierung und Konzentration notwendig bleibt. Kontemplationen sind zwar auch fixiert, bemühen aber keinerlei körperlicher Impulssteuerung. Daher möchte ich zunächst einmal unterscheiden zwischen:

  1. Der stillen Meditation (Versenkung, Zazen, Shikantaza, Stille, Nur-Sitzen) mit ruhendem Körper (Sitz) und ruhendem Geist.
  2. Der Kontemplation (Objektbezogene Meditation, Text, Bild, Atem, Mantra] mit ruhendem Körper (Sitz, Lage, Stand) und aktivem Geist.
  3. Meditativen Bewegung mit Variablen Verfügbarkeiten mit bewegtem Körper und aktivem Geist stattfindet (Geh-Meditation, Tanz, Kunst, etc).

Es geht, um die Einordnung kurz und klar zu beschreiben, darum, was mit Körper und Geist in der Übung geschieht/geschehen soll. Wird der Körper in der Methode bewegt? Ist der Geist in der Methode aktiv tätig?

In diesem Artikel beschäftige ich mich ausschließlich mit der Meditation, wie sie oben unter Punkt 1 definiert ist, also ruhender Körper und ruhender Geist. Ich selbst habe alle drei Methoden (Arten) der Meditation über einen längeren Zeitraum ausprobiert und etwas in mir scheint so gestrickt zu sein, das es immer in diese erstgenannte Methode (Meditation) zurückfällt. Das heißt nicht, das ich meinen Körper nicht spüre und keine Gedanken mehr habe. Im Gegenteil, mein Körper zeitigt sehr deutlich unendlich viel mehr Wahrnehmung als im Alltagszustand und meine Gedanken ruhen, so wird es von mir wahrgenommen, nicht. Obwohl, manchmal sind die 25 Minuten meiner Zeit pro Meditations-Einheit sehr schnell vergangen. Ich kann mich dann nur an sehr wenig Geistesaktivität erinnern und konnte konstant in aufrechter Haltung verweilen. Geschlafen, gedöst oder so habe ich dann, so meine Schlussfolgerung, wohl nicht, da ich dann mich irgendwann mal hätte wieder aufrichten müssen. Das wiederum wäre meiner Erfahrung nach nicht unbemerkt geblieben. Aber wissen oder mir sicher sein kann ich mir diesbezüglich natürlich nicht. Darum geht es mir auch gar nicht. Ich möchte hier einfach beschreiben, wie ich in sitze und was mir dabei aufgefallen ist. Es ist mehr die Niederschrift meiner Erfahrung, die ich auch nicht nur für eine Veröffentlichung vornehme, sondern mehr als ein Freischreiben meines Geistesinhaltes zum Zwecke der Klarheit meiner selbst ansehe. Etwas kompliziert und verschroben, ich weiß, aber so ist/sehe ich es nun mal.



Der ruhende Körper

Wie bereits erwähnt, benötigen wir für eine Meditation der ersten Kategorie einen ruhenden Körper. Das ist eine Körperhaltung, die in sich selbst trägt und in der über den Meditationszeitraum (bei mir 25 Minuten) keine bewusst gesteuerte Bewegung notwendig ist. Bewusst gesteuerte Bewegungen werden in der Regel durch einen Impuls ausgelöst, die entweder von ein Sinn oder von einem Gedanken ausgelöst werden. Daher ist es empfehlenswert, seine Impulse zunächst einmal kennenzulernen, sie schon früh, möglichst vor dem Beginn der Bewegung, wahrzunehmen und somit diese ignorieren zu können. Das muss der in westlicher Umgebung lebende Mensch zunächst einmal lernen. Dann verbleibt der Körper ja die ganzen 25 Minuten in einer nahezu unbewegten Position, nahezu, da Atmung und Kreislauf natürlich auch eine Bewegung darstellen. Weiterhin gibt es Impulse, die direkt vom vom Körper ausgeführt werden. Das kann ein plötzlich aus dem Nichts zu kommendes Zusammenzucken sein, ein Niesen oder Husten oder auch ein Erschrecken. Diese Impulse werden sich nicht oder nur selten unterdrücken lassen. Das versuche ich daher erst gar nicht. Für das Sitzen in Meditation [2. Liegen empfiehlt sich nicht, da das Einschlafen gewohnheitsmäßig im Liegen beginnt. Stehen ist durch die ständige Balance-Aufgabe schwierig.] sitze ich dafür entweder im Burmesischen Sitz, im Halben Lotus oder im Lotus. Die gewohnten Anweisungen dazu sind der aufgerichtete gerade Rücken und die Kopfhaltung mit der Nase geradeaus zeigend. Das ist ein wenig dünn, denn der Körper ermüdet schnell in unbewegter Haltung und er kann beides einfach so nur mit Mühe halten.

Exkurs: Sitzhaltungen
Daher empfehle ich ein paar zusätzliche Vorgaben, die das Sitzen deutlich stabiler machen.

1. Beginnen wir mit dem Kissen. Mein Kissen ist an der Rückenseite etwa 6 bis 8 Zentimeter höher als auf der Vorderseite. Trotzdem solle das Gewicht rutschfest und ausschließlich auf dem Kissen ruhen und die Beine unbelastet lassen. Hilfreich ist auch eine dem Gesäß angepasste Kuhle.
2. Dann ist der Körper leicht (5-10°) nach vorne geneigt und wird durch eine sehr sanfte Kontraktion des Bauches, die den Beckenkamm sanft mitnimmt, und der unteren Rückenpartie, die sich sehr sanft gegen den Zug nach hinten stellt, ausbalanciert. Das klingt zunächst einmal anstrengend, wird aber mit der Zeit fast wie mühelos vorhanden empfunden. Hier wirkt dann die bereits erwähnte Variable Verfügbarkeit, die diese Einrichtung annimmt und wie selbstverständlich werden lässt.
3. Dann brauchen wir eine Auflage für die Handrücken, die in der Mitte des Körpers etwas unterhalb des Nabels in der Dhyani-Mudra gehalten werden. Die Ellenbogen werden dann so eingerichtet, das die Balance nicht gestört wird, was meist etwas vom Körper abstehend erreicht wird. Wenn das Gewicht der Arme die Hände und deren Ablage erreicht, bleibt diese Ellenbogenhaltung auch wie von selbst bestehen.
4. Dann setzen wir den Kopf in ausbalancierter Weise zentral auf den Rumpf. Das wird erreicht, indem das Kinn sich etwas dem Kehlkopf annähert. Als Voraussetzung für das Gelingen ist eine geöffnete Schlüsselbein-Partie, die sich durch die Ellenbogenhaltung relativ schnell einstellt.
5. Um warm zu bleiben, kann es sein, das der Körper in den kälteren Jahreszeiten einen wärmenden Umhang (Decke) benötigt, der auch die Füße einschließt.
6. Für die Augen gibt es unterschiedlichen Anweisungen in den Traditionen. Mal sollen sie offen, mal nur leicht geöffnet, oftmals können sie sanft geschlossen sein. Das ist alles durchaus möglich, wenn dabei beachtet wird, das die Augenlider sanft gesenkt/geschlossen werden. Was ich aber durchaus wichtig empfinde ist die Anweisung, die Augen auch wenn sie geschlossen sind nicht nach unten schauen zu lassen, sondern sie in Relation zur leicht gebeugten Körperhaltung geradeaus einzurichten. Der Blick geradeaus, man könnte auch sagen in geraden Stehen/Sitzen am Ufer eines großen Wassers zum Horizont hin, geht dann durch die leichte Vorbeuge etwa 10 Meter vor dem Sitz auf den Boden. Diese Augenhaltung wird erleichtert dadurch, das man die Augen in die Außenwinkel entspannt, was wiederum nach kurzer Zeit eine Variable Verfügbarkeit erzeugt, die mühelos wird.

Wir haben mit diesen kleinen wirksamen Einrichtungen für den Körper eine Haltung geschaffen, die mühelos wird. Der leichte Druck zwischen Bauch/Beckenkamm und unterem Rücken bewirkt einen Energiefluss nach oben, der die Haltung des Rumpfes wie ein Luftstrom trägt. Die Kopfhaltung, die ein entspanntes Tragen des Kopfes erlaubt, benötigt wenig bis gar keine Aufmerksamkeit. Die Augenhaltung bewirkt ein Spannungsfeld, das ein eindösen oder gar wegdämmern nicht mehr erlaubt. Das Gesäß als Schwerpunkt ist geerdet und verwurzelt. Die Beine liegen ohne Last tragen oder aushalten zu müssen entspannt auf ihrer Unterlage (Matte, Oberschenkel). Die Hände ruhen auf der Unterlage. Alles in Allem wird der Körper so eine zufriedene und mühelose Haltung erreichen, die durchaus auch für mehrere Sitzrunden trägt und die wie eine Entspannungshaltung empfunden werden kann. Ich will nicht unerwähnt lassen, das der Körper die für die gewünschte Sitzhaltung notwendige Beweglichkeit mitbringen muss.

Man muss verstehen, das eine ruhende Haltung nicht statisch fest genannt werden darf. Die Körperhaltung wird erreicht durch Gleichgewichtsreaktionen bzw. durch Balance. Jede mögliche Bewegung wird durch mindestens zwei Kontrahenten erzeugt, die sich gegenseitig ausgleichen. Da der Körper aber nicht aus Teilen, sondern aus einem Stück besteht, ist dieses Gleichgewichtsgefüge darüber hinaus wie ein dreidimensionales Netz zu sehen, in dem mehrere Protagonisten miteinander in multipolaren Abhängigkeiten zusammenarbeiten. Mit der Zeit werden die verschiedenen Abhängigkeiten unterschieden werden können, so das der Verlust der ruhenden Haltung während einer Sitzung mühelos zurückgewonnen werden kann.

Der ruhende Geist

Die Sache mit dem ruhenden Geist gestaltet sich etwas schwieriger. Denn hier begegnen wir nicht einer natürlichen Erscheinung, als die sich unser Körper darstellt. Unserer denkender Geist [3. Geist bedeutet, das es etwas gibt, was weder beschrieben werden kann, was keine materiellen Eigenschaften besitzt und ungreifbar ist. Daher wird der Geist des Hauses in Filmen auch oft als nebelige Form dargestellt. Das ist in unserer Sprache die größtmögliche Annäherung oder ein begreifbares, ähnlich erscheinendes Beispiel: Mythos.] ist ein imaginäres Werkzeug, das uns Menschen Verhaltensratschläge gibt. Diese stammen aus interpretierten Ereignissen der Vergangenheit, die in bezug zur gerade erlebten Realität gesetzt werden, die be- und auswertet, zusammengefasst und in die Zukunft projiziert Lösungen für Problemstellungen anbietet, die akut auftreten, die auftreten könnten oder sogar nur befürchtet werden. Das Werkzeug Denken ist gar nicht bis schwer zugänglich, da es, um zugänglich zu sein, sich selbst als Werkzeug verwenden müsste. Daher haben kluge Menschen uns ein zusätzliches Werkzeug angedichtet, das etwas über dem Denken steht und das durch Setzungen, Wertungen und Paradigmen festlegt, was sicheres Wissen bedeutet und wie der Mensch sich zu verhalten habe. Dieses Werkzeug ist die Vernunft. Sie ist noch geistiger als der Geist und ebenso ungreifbar. Und da wir Menschen trotz dieser Einrichtungen immer noch nicht nur gut und richtig entscheiden und handeln, haben wir dem übergeordneten Begriff der beiden, nämlich dem Bewusstsein, in dem die beiden bereits Genannten sowie alle Sinneswahrnehmungen sozusagen zusammenarbeiten, noch ein Unterbewusstsein und ein Unbewusstes hinzugefügt, damit es für Fehler Sündenböcke, sprich Entschuldigungen gibt. Dort im Un und Unter manifestiert sich der Theorie nach das „tierische“ Verhalten ungebremst, ohne Denken und Vernunft. Das ist, grob und etwas satirisch formuliert das, was wir Geist nennen. Nur, stimmt das so wirklich? Ich weiß es nicht. Und das ist ja noch nicht alles. Dieser Geist kann auch Geschichten erfinden, Erzählungen anderer aufnehmen und diese wie eigene Erlebnisse behandeln.

Das auf der oben gezeigten Beschreibung von Geist beruhende „Ich“, das alle Entscheidungen trifft, bewertet und danach handelt, ist in der Meditation ein sehr wichtiger Faktor. Gewöhnlich sieht sich das jeweils individuelle Ich sich selbst als einem Mittelpunkt an, um den sich alles dreht. Das beruht auf der Erkenntnis (Descartes), das der Mensch sich seines Denkens und Zweifelns nur dann gewahr werden könne, wenn er auch wirklich ist, also da ist. So heißt es oft: Ich habe… Ich denke… Ich meine… Ich fühle usw. Dieser so beschriebene Geist, bestehend aus Ich, Bewusstsein, Denken, Vernunft, Unbewusstes und Unterbewusstes, von der Seele [4. Ist vielleicht der angenommene göttlich Anteil am Menschen?] mag ich erst gar nicht reden oder schreiben, soll also still werden, soll ruhen besser gesagt, was nichts anderes bedeutet, als das er den Ablauf der Meditation nicht stören soll. Das ist ein wenig wie bei kleinen Kindern, wo die genervten Eltern froh sind, wenn der heiß geliebte Nachwuchs endlich tief und möglichst lange schläft.

Wie kommt aber der unruhige Geist und seine Aktivitäten schnell und gezielt zur Ruhe? Dazu gibt es nach den Meditationstraditionen mehrere Möglichkeiten. Doch fallen die meistens und genau besehen in die oben genannten Kategorien Kontemplation und Variable Verfügbarkeit. Sich als Meditierender zu entscheiden, mal einfach nicht zu Denken, geht im Prinzip nicht, da die Instanz ja das Denken sein würde, die befielt, nicht zu denken. Das Bewusstsein, das Denken, Vernunft und Weitere beherbergt, ist für eine direkte Einwirkung nicht eingerichtet. Da gibt es keinen Schalter „aus“, das alles oder auch nur Teile still-legen könnte. Was bleibt also, wenn wir beschließen, still oder ruhend zu sein?



Langeweile als Methode

Wer kennt nicht die Reaktion auf bestimmte Freunde, die immer wieder das Gleiche erzählen und nicht bemerken, das sich dabei alle anderen Anwesenden langweilen. Wir schalten bei so etwas schnell ab, sozusagen, hören zwar die Worte, verinnerlichen sie aber nicht mehr und sind irgendwo gefühlt im Nichts. Eine Möglichkeit, sich des Denkens zu entledigen wäre dann, es solange zuzulassen, bis alles und jedes zum 100sten Mal gedacht wurde, es langweilig wird, immer weiter dasselbe zu denken und sich so eine Abwendung vom Gedachten sich ereignen lässt. Dann ist es zwar noch nicht ruhig, aber man ist innerlich doch zumindest schon mal der Stille etwas näher gerückt. Man ist dann, so schreiben und schrieben es die Meister der Meditation, sozusagen in der Wartehalle der Stille, die sich dann wie von selbst ereignet, plötzlich und ohne eigenes Wollen. Die Technik wäre, alles ohne Ausnahme zuzulassen, auch das Nicht-Gewünschte, Phantasierte, Befürchtete usw. und so sich über die Langeweile zu nähern. Wenn dann im Alltag nicht mehr viel neues an Wissen, Gehörtem und Erzählten dazukommt, alles Leben sozusagen seinen wie immer schon gewohnten Gang geht, keine Ereignisse mehr, die Höhen darstellen, keine mehr, die als Tiefen deklariert werden können, dann sollte das relativ schnell gehen. So würden sich auch die Erfolge der Klöster, der Pilgerreisen und der Einsiedeleien erklären. Zum Gelingen dieser Methode wäre vorauszusetzen, das der Mensch durch sein Werden bedingt eine Erfahrung der Stille, des ruhenden Geistes also bereits mitbringt, diese bereits erworben hat oder sie sich wieder aneignet. Der Erwerb würde dahingehend möglich sein, das Ereignisse, die sehr schmerzhaft und/oder unter die Haut gehend sind, durchlebt wurden, die das Geist-Geschehen sozusagen für kurze oder auch längere Zeit zum Stehen zu bringen vermochten. Erlebnisse solcher Art sind oftmals das Motiv, mit der Meditation zu beginnen. Die Motive sind oft Verluste an Bezugspersonen, Burnout-Erlebnisse, lebensbedrohende Krankheiten, große Ent-Täuschungen aller Art oder auch Traumata. Aber auch Glücksgefühle, Gefühle des Eins-Seiens oder religiöse Erfahrungen stellen solche Motive dar, nur sind diese leider sehr viel seltener als die erstgenannte Gruppe. Das Aneignen würde so vonstatten gehen, das im Zulassen von Allem Pausen im Denken entstehen, die wahrgenommen (Achtsamkeit), dann verinnerlicht und die folgend zu einem festen Bestandteil der Erfahrung werden. Ein langer Prozess, der, wie aus der weiter oben beschrieben Methode abgeleitet werden kann, Stehvermögen verlangt.
Meiner Ansicht nach ist diese stille Meditation, ob sie bereits gelingt oder auch nur versucht wird, die einzige und letzte Form der Meditation, die eine Wirkung auf das In-Der-Welt-Sein meinerseits haben kann. Vielleicht kehre ich deshalb immer wieder zu dieser Form zurück. Wenn ich das Denken in jeder Form zulassen möchte, ich aber von dem, was wir Gefühl nennen, was ja eine körperliche Reaktion auf geistige Aktivitäten darstellt [8. …sie würden den ruhenden Körper stören.], befreit sein möchten, müssen wir verstehen, was die Inhalte des Denkens eigentlich sind, wie sie zustande kommen und welche Setzungen dazu schon vor sehr langer Zeit vorgenommen wurden. Erst wenn wir verstehen, wie Denken im persönlichen Kontext eigentlich zustande kommt, wir die Impulse, die daraus folgen, wahrnehmen und den Übergang derselben zum Körperlichen hin verhindern [10. …erfordert die Spannungen zu kennen, die durch Wut, Begierde, Verstrickung, Angst oder Zorn entstehen.], werden wir einen ruhenden, sich im Gleichgewicht sich befindenden Körper haben können. Der nächste Schritt ist dann, diese Emotionen schon im Keim zu entschärfen und den Impuls erst gar nicht entstehen zu lassen. Wie aber können wir das Denken, dem wir anhängen, verstehen? Worauf gründet sich das und welche Entstehungsgeschichten liegen dem persönlichen Denken zugrunde?

Die Ideen

Eine der wesentlichsten Neigung westlich geprägter Menschen ist der Wesenszug, Ideen zu verfolgen. Damit meine ich nicht die Ideenlehre Platons oder ähnliche Konstrukte.

Exkurs: Platons Ideen
Die sogenannte Ideenlehre Platons ist keine Lehre, die aus Platons Schriften hervorsticht und von Platon so gesehen wurde. Sie ist eine Zusammenfassung einer Grundidee, die Wissenschaftler aus dem Studium Platons Schriften zusammengefasst haben. Sie behaupten darin, das Ideen sozusagen allgemeingültig, widerspruchsfrei, unveränderbar und einfach begründbar sein müssen. Das klingt in meinen Augen aber vielmehr nach Aristoteles als nach Platon. Platon stellte über die Figur Sokrates Fragen zu scheinbar widerspruchsfreiem Wissen. Er versuchte, die Begründungen für dieses Wissen in Frage zu stellen und lehnte Allgemeingültigkeit mehr oder weniger konkret ab. Platons Ideen waren mehr Wesenheiten, die zu Begriffen wie Schönheit und Liebe mytisch [5. über Beispiele, Geschichten oder Sagen… umschrieben…] Stellung bezogen. Wesenheiten aber sind Vorstellungen, die nicht festgezurrt, definiert oder dogmatisiert werden können. Sie aus dem Mythos ins Wissen herüber zu definieren, mag heute üblich sein, trifft aber nicht (mehr) den Kern der alten Philosophien.

Eine solcher Ideen ist Tätig-Sein-Müssen. So gilt in unserer Gesellschaft, die ja bekanntlich auf Arbeitsteilung beruht, das tätig sein zur Erlangung der Legitimation als anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu einer der Grundsetzungen. Sich als Sohn/Tochter reicher Eltern nur mit dem Geldausgeben zu beschäftigen, über hochbezahlte Jobs und gute Geldanlage vorzeitig zum Ruhestand zu gelangen oder sich gar auf Kosten anderer ein schönes Leben zu machen gilt gesellschaftlich als verpönt. Tätig zu sein ist also ein wichtiges Grundprinzip unserer Gesellschaft. Diese Tätigkeit soll dafür sorgen, das wir den Status erhalten, ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein. Warum das so sein muss, entzieht sich meiner Vorstellung. Wenn ich genug Geld erworben oder bekommen habe, kann ich doch eigentlich tun, was ich möchte, solange ich Gesetze nicht verletze. Ob das mit dem Geld so richtig oder notwendig ist, ist dann eine andere Frage.

Mensch und Natur

Eine andere Idee ist zum Beispiel das abendländische Verständnis zum menschlichen Verhalten der Natur gegenüber. Nach den Vorstellungen der vorherrschenden Religionen dieses Kulturraumes (Christentum, Islam) kann auf der Weltkugel nur der Mensch Gottes Wort empfangen und befolgen. Daher sieht dieser sich als Herrscher dieser Welt und formt sie nach seinen Vorstellungen. Da er Gottes Worte verstanden hat, ist das seiner Ansicht nach auch im Sinne des transzendent gedachten Gottes. Und er sieht diese Ansicht als nicht diskutierbar an und verweigert jegliches Infragestellen Das Hauptwerkzeug dabei ist die Lehre der Logik, die auf Aristoteles beruht. Diese soll richtiges, überprüfbares und belegtes Wissen erzeugen, was viele JH ja auch gut geklappt hat. Allerdings sehen wir heute, das diese Ansicht nicht überzeugend weiterverfolgt werden kann, da einige physikalische Grundlagen durch das Übermaß an Ausbeutung in Zukunft nicht mehr verfügbar sein werden.

Exkurs: Natur

Des Menschen Beziehung zu dem, was er Natur nennt, steht heute in Frage. Nach wie vor sieht sich der Mensch selbst als Beherrscher der Natur, und er handelt entsprechend. So teilen er das Leben auf der uns zugänglichen Welt in pflanzliches (stationär) und tierisches (bewegt) Leben. Das bedeutet, das wir denken, das Menschen als Tiere und die Pflanzen nicht viel gemeinsam haben und wir über sie verfügen könnten, wie es uns gefällt. Nur, das stimmt leider so nicht, denn die beiden leben in einer Symbiose, was genau genommen bedeutet, das Tiere nicht ohne Pflanzen und Pflanzen nicht ohne Tiere werden überleben können. Dazu zählt nicht nur die Tatsache, das Pflanzen den Sauerstoff freisetzen, den Tiere brauchen, sondern auch, das Tiere das Kohlendioxid freisetzen, das Pflanzen zum Wachstum brauchen. Es ist weiterhin ja nicht allein so, das Tiere sowohl Pflanzen als auch Tiere verzehren müssen, um leben zu können, sondern auch die Abfälle [2. Aus allen biologischen Abfällen, die naturbelassen anfallen, wird mit Hilfe von Mikroben (bewegtes Leben) Mutterboden oder Kompost gewonnen, in dem wiederum Pflanzen besonders gut wachsen können.] und sterblichen Überreste der Tiere werden von den Pflanzen benötigt, um wachsen zu können. Leider scheint diese Symbiose nicht allen Denkern dieser Welt bekannt zu sein, denn sonst würde unsere Natur durch den Menschen und seine Ausbeutung nicht so zerstört sein, wie das heute überall auf der Welt zu sehen ist.

Daher favorisiere ich als die in Asien durch buddhistische und taoistische Gedanken geformte Ansicht, dass das Erhalten der Natur nicht durch Menschenhand, sondern durch die Natur selbst gestaltet werden sollte. Dazu müsste man die Natur aber ihren Lauf lassen und deutlich weniger gestalten und eingreifen, als das über viele JH üblich war. Konfuzius nannte als einzige gültige Maßgabe des Menschen die Regulation als Mittel, um in natürliche Prozesse einzugreifen. Die Natur wird darin nicht als Ding, Ressource oder Verfügungsmasse betrachtet, sondern als notwendigen Prozess des Lebens, der nicht gestört, sondern nur hier und da reguliert werden darf. Der Lauf der Natur, die uns hervorgebracht hat, hat Vorrang. Ihn zu stören wird als „unklug“ angesehen.



Die Setzungen der westlich geprägten Kulturen

Nahezu jede Form möglicher Kultur beruht auf Setzungen, die das Denken der Menschen in einem bestimmten Kontext festschreiben. Sehr häufig sind diese Setzungen so gestaltet, das daraus so etwas wie eine Logik entsteht, was einfach erklärt eine Methode darstellt, wie innerhalb einer Kultur man zu wirksamen Wissen gelangen kann. Das geschieht, um dieses Wissen dann in theoretischer Form an seine Mitmenschen weitergeben zu können. Viele Dinge, über die ein westlich geprägter Mensch sicheres Wissen zu haben glaubt, hat er selbst weder gesehen noch erfahren, sondern nur über Bilder, Nachrichten, Medien und Erzählungen angenommen. So habe ich zum Beispiel nicht sehen können, das unsere Erde eine Kugel ist, die um die Sonne kreist. Trotzdem bin ich mir dieses Wissen bewusst. Nun ist das ein sehr einfaches Beispiel. Anders sieht es aus, wenn die Grundlagen unserer Logik berührt werden, wie zum Beispiel durch „den Satz vom ausgeschlossenen Dritten“ [3. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (lateinisch tertium non datur wörtlich „ein Drittes ist nicht gegeben“ oder „ein Drittes gibt es nicht“; englisch Law of the Excluded Middle, LEM) oder Prinzip des zwischen zwei kontradiktorischen Gegensätzen stehenden ausgeschlossenen Mittleren (lat. principium exclusi tertii sive medii inter duo contradictoria) ist ein logisches Grundprinzip und Axiom, das besagt, dass für eine beliebige Aussage nur die Aussage selbst oder ihr (komplementäres) Gegenteil gelten kann; eine dritte Möglichkeit, also dass lediglich etwas Mittleres gilt, das weder die Aussage ist noch ihr Gegenteil, sondern irgendetwas dazwischen, kann es nicht geben. Wikipedia DE]. Ein weiteres Beispiel ist der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch [4. Der Satz vom Widerspruch oder Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch besagt, dass zwei einander in derselben Hinsicht widersprechende Aussagen nicht zugleich zutreffen können. Im Lauf der Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte und von unterschiedlichen theoretischen Standpunkten wurde der Satz vom Widerspruch auf unterschiedliche Arten von Gegensätzen bezogen und wurde in unterschiedlicher Weise als ontologisches, erkenntnistheoretisches oder logisches Prinzip verstanden. Wikipedia DE]. Und vielleicht ist auch noch der dritte dieser Sätze, die prägend für unsere Kultur sind, von Bedeutung, das Bivalenzprinzip oder das Prinzip der Zweiwertigkeit [4. Das Prinzip der Zweiwertigkeit, auch Bivalenzprinzip genannt, ist die Eigenschaft einer Logik, dass semantisch jeder Formel genau einer von zwei Wahrheitswerten zugewiesen wird. Häufig werden diese Wahrheitswerte als wahr und falsch bezeichnet. Wikipedia DE]. Vieles deutet darauf hin, das unser westliches Denken in dualistischen Kontexten von diesen Sätzen so stark geprägt sind, das wir Kulturen und Überlieferungen, die ein anderes Schema verfolgen, einfach nicht zu verstehen in der Lage sind. Solcherlei trifft bestimmt zu zum Denken in China sowie weiten Teilen Asiens und Afrikas.

Was in diesem Zusammenhang für und über die Meditation wichtig ist, hängt damit zusammen, das wir getreu unserer Logik der Meditation nahezu immer eine Methode zugrunde legen. Ich setze mich also hin und tue dann etwas, versuche ein Ziel zu erreichen oder etwas zu bewirken, etwas zu verändern oder etwas zu erleben. Das ist in vielen Meditationsformen der Kontemplation und Bewegung durchaus richtig, trifft aber für die Meditation, wie sie oben definiert ist, also ruhender Geist und ruhender Körper, nicht mehr zu. Hier tun wir weder etwas, noch versuchen wir etwas zu erreichen oder gar zu erleben, noch streben wir nach etwas, was unser Leben bereichern könne. Denn der Versuch, etwas zu erreichen ist schon lange nicht mehr „ruhender Geist“. Diese Form der Meditation beruht auf einer überlieferten Erfahrung, die ganz und gar keine Methode mehr ist. Sie besagt einfach nur: Setze dich hin und sei still bzw. versuche standhaft und zwanglos, einfach nur still zu sein. Richtig gelesen werden viele Leser schon aus den Worten „standhaft und zwanglos“ einen Widerspruch herauslesen. Denn wie kann ich standhaft sein, ohne mich zu zwingen, stehen zu bleiben. Das gleiche gilt auch für die Umkehrung. Wie geht ein zwangloses Beständig sein. Wir können heute aus den Ergebnissen der Hirnforschung herauslesen, das Beständig sein ohne Zwang dann entstehen kann, wenn der Mensch sich lernend verhält und sein Interesse am Tun so stark ist, das es, wie Hüther [6. Deutscher Hirnforscher…] es formuliert, „unter die Haut“ geht. Das gilt auch dann, wenn das interessante Tun ein Nicht-Tun ist. Und hier haben wir schon einen Satz, der unseren Setzungen widerspricht. In unserer Logik kann ein Mensch nicht nicht tun: Entweder er meditiert und/oder er faulenzt, d.h. aber immer, er bewegt sich zwar nicht, tut aber sitzen…, usw.

Die Methode (…die keine ist…) in Ruhe zu Sitzen, über die ich schreibe, kommt aus China, wurde von Japan übernommen und bedeutet so viel wie „Tun durch Nicht-Tun“ [7. Kurz gesagt geht es bei Wu-Wei um das bewusste Nichteingreifen oder Nichthandeln in einer Situation. Laut Yen-Hui Lee, der 2001 seine Doktorarbeit über „Die Gelassenheit und Wu-Wei“ an der Albert-Ludwigs-Universität veröffentlicht hat, ist Wu-Wei wie eine Art Meditation: Alles, was einen in Gedanken festhält, kann man loslassen. So beruhigt sich das Bewusstsein und wirkt wie ein Spiegel. Das hilft, zur Ruhe zu kommen und neue Kräfte entstehen zu lassen. Utopia.DE] Ich habe lange überlegt, ob ich auch das japanische Pendant dazu erwähnen sollte, habe mich aber entschieden, es nur am Rande zu beschreiben, da verschiedene Traditionen diesen Begriff oder diese Beschreibung einer Meditationsart ganz unterschiedlich interpretieren. Innerhalb des Zen in Japan ist zur Zeit keine Einigung zu entdecken, was der Begriff „Shikantaza Zazen“ [9. Shikantaza (japanisch, shikan bedeutet „nur“, „einfach“ oder „lediglich“, ta hat verstärkende Funktion (wörtlich bedeutet es „schlagen“) und za ist das „Sitzen“) wird meist als „nur Sitzen“ ins Deutsche übersetzt. Es ist eine Meditationstechnik, die vor allem im Zen-Buddhismus gepflegt wird, insbesondere als zentrales Element der Sōtō-Schule. Mit Shikantaza wird eine wichtige Form des Zazen bezeichnet, in der auf einführende Techniken wie das Zählen des Atems oder das in der Rinzai-Schule praktizierte intensive Studium von Koans verzichtet wird. Es ist „Zazen um des Zazen willen“, wobei der Begriff „Zazen“ in diesem Zusammenhang nicht auf die Zazen-Haltung beschränkt ist. Zazen bedeutet in diesem Zusammenhang die ungeteilte, ganzheitliche Gegenwart. Das wichtigste Quellenwerk, welches die Praxis des Shikantaza beschreibt, ist das Shōbōgenzō des Dōgen Zenji (1200-1253). Wikipedia.DE)] eigentlich beschreibt. Die Meinungen gehen von einer Meditationsmethode für alle bis zur einer Praxis der Meditation, die nur für „Erleuchtete“ geeignet/vorgesehen sei. Interessant ist ein Zitat Dogens, das die Geisteshaltung in „Nur-Sitzen“ klar beschreibt:

Nachdem Sie Körper und Geist auf diese Weise angepasst haben, atmen Sie einen Atemzug langvoll aus. Setzen Sie sich fest in Samadhi und denken Sie nicht. Wie denkst du, geht nicht zu denken? Nicht Nachdenken. Dies ist das Herz von Zazen. Zazen lernt keine Konzentration. Es ist das Dharma -Tor von großer Leichtigkeit und Freude. Es ist eine unbefleckte Praxis der Erleuchtung. Dogen 1243

„Denken Sie nicht“ ist die Anweisung, nachdem der Sitz eingerichtet ist. Das schließt aus, eine Methode zu verwenden, ein Ziel zu haben, etwas erlangen zu wollen oder irgendwie ein Objekt der Begierde zu befrieden. Es geht darum, einfach nur zu sitzen. Nur des Sitzens wegen zu sitzen ist die Nicht-Befleckung. Es geht also weder um etwas noch um nichts, einfach Sitzen ist einfach Sitzen, sonst nichts. Natürlich stellen sich dem europäischen Menschen jetzt Fragen. Aber die Antwort wurde schon geschrieben: Sitzen, um des Sitzens Willen, mehr nicht.

Nicht denkend zu sein ist eine Idealvorstellung, die nicht oft und nicht lange anhält. Und ob der Nicht-Denkende sein Nicht-Denken überhaupt bemerkt, erscheint fraglich. Ich bin zur Zeit der Ansicht, das nur die gefühlte Dauer eines Meditationsabschnitts und die Summe der gedachten Gedanken darin Auskunft darüber geben könnten, wie still das Denken in der Meditation war. Aber ich weiß auch, das solche Gedankengänge keinen Sinn machen, da sie darauf abzielen, einen oder den Erfolg einer Tätigkeit festzustellen, die keine Tätigkeit ist. Das würde ein Ziel voraussetzen, was nach Dogen nicht mehr unbefleckt genannt werden könnte. Was bleibt ist Sitzen, ohne Ziel und ohne Diskussion darüber, ob, wann, warum und wofür das alles gut sein soll. Es spricht einfach nichts dafür und auch nichts dagegen. Ich kann es tun und mache das auch: Es geht.