Freiheit.01

Wenn wir uns die Welt heute anschauen, so sind Rebellionen, Revolutionen und Reformversuche weltweit verbreitet. Es vergeht kein Tag, an dem nicht zusätzlich noch Provokationen, Verleumdungen, Falschdarstellungen und Hintergehungen genutzt werden, um Rebellionen oder Revolutionen auszulösen oder wahrscheinlicher zu machen. Und es ist auch nicht davon auszugehen, das die Menschen, denen es gut geht, die zufrieden und relativ glücklich ihr Leben führen können, bereit sein werden, dieses mit weniger glücklich lebenden Menschen zu teilen. Wir sagen gerne: Menschen sind so.“ Stimmt das? Stimmt das wirklich? Ich denke nicht. Es gibt nur wenige Ereignisse, in denen Menschen aktiv das Unglück anderer steigern oder fortsetzen wollen. Meist ist es so, das schlicht und einfach die räumliche Entfernung des Anderen oder das Anderssein des Nächsten die Gleichgültigkeit hervorrufen, die wir tagein tagaus beobachten können. Je näher uns Ereignisse wie Unfälle oder Krankheiten berühren, um so intensiver, um so mitfühlender werden sie empfunden. Aber ich komme gerade zu weit weg von der oben proklamierten Größtmöglichen-Freiheit, die wir doch uns ansehen wollten. Und es stellt sich die Frage, was denn der Einzelne tun kann, um „mehr“ Freiheit zu erreichen, sich also weiter anzunähern an das Ideal.

Freiheit ist immer auch die Freiheit der Anderen

Nun ist ja Freiheit, und das ist schon ein geflügeltes Wort, in Gesellschaften immer auch die Freiheit des Anderen und des Anders-Denkenden. Da der Einzelne aber nicht die Handlungen und Vorstellungen des Anderen lenken kann, kann er eigentlich nur bei sich selbst anfangen. Und hier haben wir bereits einen ersten Grundsatz entdeckt, der die Arbeit zu Freiheit leiten kann: Freiheit muss zunächst bei sich selbst beginnen. Nur wenn ich selbst für mich eine Annäherung an Freiheit denken kann, kann ich dieses Gedachte dann auch auf andere Wesen, auf die Welt anwenden. Die erste Frage ist also: „Was ist Freiheit für mich?“. Das ist, obwohl ich selbstverständlich über mich Bescheid zu wissen glaube, trotzdem eine sehr schwere Frage. Denn im Gegensatz zum Anderen sehe ich mich selbst nie aus einer ganzheitlichen Perspektive. Einen anderen als Typ einzuordnen, nehmen wir mal als introvertiert oder extrovertiert, ist meist schon nach Minuten des Beisammenseins entschieden. Aber wie geht das bei mir selbst? Und auch wenn die Typenbildung noch relativ machbar erscheint, wie kann ich dann so etwas Unscharfes wie Freiheit und mein Befinden diesbezüglich an mir selbst feststellen? Weiter oben habe ich gezeigt, das aufbegehren, umstürzen und der Drang nach Erneuerung oder Veränderung anzeigen kann, wie frei ich mich fühle. Nun kann ein Drang ja verschiedene Ausprägungen haben. Er kann lediglich in Gedanken stattfinden, er kann in immer noch konformen Verweigerungen stattfinden (Dienst nach Vorschrift) oder schon Handlungen hervorbringen, die gegen die oder eine bestehende Ordnung angehen (Verweigerung). Und er kann diese Handlungen weiterführend in eine Form überführen, die in Kampf und/oder Gewalt endet (Untergrund). Immer aber ist Selbstbehauptung die treibende Kraft, sei es in der Form „ich habe recht“ über „geht so für mich gar nicht mehr“ bis hin zu „das muss weg“.

Selbstbehauptung

Nun ist Selbstbehauptung ja eine Kraft, die den Menschen zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Prägungen fordert. Man denke nur an die berühmt berüchtigten Jahre der Pubertät, die Milde von Eltern Pubertierenden gegenüber und die feine Gelassenheit der späten und besonders ganz späten Jahre. Menschen scheinen sich fortwährend zu ändern. Sie wandeln sich, nicht nur im Äußeren, sondern auch in ihrer Haltung. Wie also kann sich sich ein Freiheitsgedanke in einem sich ständigen wandelnden „Ich denke…“ sich darstellen. Lässt sich die/eine Auswahl „Freiheit“ also jemals in eine formulierbare, nieder-schreib bare Form überführen? Zumindest scheinen diese Versuche bisher nicht nachhaltig von Erfolg gekrönt zu sein. Meine Freiheit heute ist also immer nur eine Momentaufnahme, die geschrieben schon veraltet sein kann und wird. Als ein möglicher Ausweg werden oft Verallgemeinerungen angesehen, die sozusagen für alle Phasen eines Lebens zutreffend sein könnten. Die Problematik dabei ist aber immer, das Allgemeingültiges immer Setzungen verlangt, die wiederum das Freiheitsgefüge, das ja eine offene Haltung gegenüber allem voraussetzt, einschränken können. Und die Frage, die sich aus dieser Überlegung ergibt, müsste heißen: „Gibt es dafür Setzungen, die Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen können?“ Nun könnte man wie in christlichen Gesellschaften üblich die sogenannten Zehn Gebote 1 als Grundlage nehmen, aber seien wir ehrlich, welche davon können für sich Allgemeingültigkeit in Anspruch nehmen? Von „nur einem Gott dienen“ über das Töten, das Ehebrechen, das Stehlen, das Lügen, „das Sabbat halten“ bis zu „Vater und Mutter ehren“ haben sich Christen- und Judentum einschließlich der großen Masse ihrer Anhänger an keines der Gebote jemals wirklich gehalten. Selbiges gilt entsprechend für (fast) alle anderen Religionen. Ich glaube, das man daraus den Schluss ableiten kann, das Gebote, Gesetze und Verhaltensvorschriften keine wirklich erfolgreiche Strategie darstellen, die Menschen (…und in ihrem Gefolge alle anderen Wesen) sowohl als Person als auch als Masse zur Freiheit zu führen. So also kann „Freiheit…“ nicht beschrieben werden.

  1. Nach den Schriften sind es ja genau 14 bis 16, die je nach Auslegung der Sekten zu 10 reduziert wurden, siehe Wikipedia: „Zehn Gebote
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