Die Objektlose Meditation der Stille

Wenn wir uns über Meditation unterhalten wollen, müssen wir zunächst einmal verstehen und hinterfragen, was wir aktuell unter Meditation verstehen. Das Verständnis, die Informationen und unsere Vorstellungen darüber können ja nicht so einfach ausgeblendet werden, wenn Meditation stattfinden soll. Die Richtigkeit dieser Aussage erkennen wir darin, das jeder Übende, der Erfahrungen macht, diese in der Regel mit den kulturellen Errungenschaften seiner Zivilisation beschreibt.

Wenn eine Kultur keinen Gott kennt, wird sich eine spirituelle Erfahrung nicht in der Form göttlicher Vorstellungen ausdrücken. Da alle Menschen solche Vorstellungen besitzen, wir in Kulturen hinein geboren, vielleicht sogar hineingeworfen werden, wachsen darin auf, diese auch nicht löschen können wir ein Dokument auf einem Rechner, muss jeder daher mit dieser Sachlage intelligent umgehen können, sonst findet Meditation nicht statt. Wir brauchen mit anderen Worten Kenntnis über unsere Vorstellungen. Diese können nur erreicht werden, wenn wir uns der Grundlagen unserer kulturellen Prägung bewusst werden, denen all unser Denken und Handeln zugrunde liegt.

In einem christlich geprägtem Umfeld wir in Zentraleuropa üblich heißt das, das wir automatisch 1 verschiedene Grundpfeiler annehmen müssen, die unser Denken und Handeln sowie unsere Wahrnehmung in ganz bestimmte Weise strukturieren und daher auch in Bahnen lenken. Wir leben eine vorgegebene Ordnung, die uns im Chaos der allgegenwärtigen Wahrnehmungen eine Struktur ermöglichen, die von unseren mentalen Fähigkeiten fassbar ist. Dazu vergeben wir Namen für Teilbereiche unserer Wahrnehmung, teilen mit deren Hilfe die Welt und ihre Manifestationen in Schubladen, Fächer und Kategorien ein, in der Regel, indem wir uns erinnern, und konstruieren daraus einen Plan von Welt, an dem wir uns im Alltag orientieren. Das ist grob vereinfacht eine Beschreibung dessen, was wir „Denken“ nennen.

Diesem Denken liegen in der europäischen Kultur Setzungen zugrunde. Und weiterhin tragen wir Denkweisen in uns, die, betrachten wir sie genau, nicht zielführend sein können. So soll zum Beispiel die Meditation und der damit verbunden Praxis in aller Regel ganz bestimmte Ergebnisse erzielen. Nur widerspricht das besonders dann, wenn wir in östlichen Traditionen üben (Zen, Yoga, Taoismus, Buddhismus), grundsätzlich den dort in den Schriften beschriebenen Vorgehensweisen, die aussagen, das wir gar nicht vorab wissen können, was eine Meditationspraxis bewirken wird und dass dabei Reaktionen und Ereignisse der Wahrnehmung auftreten können, die wir so gar nicht beabsichtigen oder niemals in Betracht gezogen haben. Mit anderen Worten: Es können Erscheinungen auftreten, die wir gar nicht beabsichtigen.

Exkurs: Kundalini

Nehmen wir als einfaches Beispiel das Auftreten von Kundalini-Erfahrungen, wie sie der indische Yoga beschreibt. Diese sind nicht vorübergehende Erscheinungen, die mit dem Abbruch der Meditationspraxis aufhören. Einmal in Gang gesetzt, läuft der Kundalini-Prozess nach allen Beschreibungen autonom ab, und wir haben als Mensch darüber zumindest über einen mehr oder weniger langen Zeitraum keinen Einfluss. Auch wird sehr häufig davor gewarnt, unvorbereitet Kundalini-Erfahrungen anzustreben. Die Erweiterung der energetischen Abläufe, die Verstärkungen der Wahrnehmungsfelder und die körperlichen Auswirkungen derselben benötigen eine gut gefestigte Haltung und Konstitution. Und was für Kundalini gilt, wird wohl auch für die anderen Erfahrungsformen (Satori, Kensho, Samadhi) gelten, wenn auch wie hier und da beschrieben mit anderen Prägungen.

Normalerweise werden in westlichen Beschreibungen unterschieden zwischen Fernöstlichen Traditionen, Meditationen im Buddhismus, Christliche Traditionen und der Anthroposophischen Tradition. Dann werden Unterscheidungen gemacht zwischen Passiven Meditationen, der Stille- oder Ruhemeditation, der Achtsamkeits- oder Einsichtsmeditation, der Konzentrationsmeditation und Transzendentale Meditation, der Aktiven Meditation – Zen-Buddhismus, Tantra, Yoga, Kampfkunst, Neuere fernöstlich inspirierte Meditationsmethoden, Geh-Meditation, Tanz, Musik und Rezitation, Körperhaltung – wobei diese Aufzählung nicht vollständig genannt werden kann (Quelle: Wikipedia DE).

Im Gegensatz dazu bin ich der Ansicht, das man grundsätzlich unterscheiden sollte zwischen Meditationen und Kontemplationen in einer ruhendem Körperpose einerseits, wobei ersteres die Stille als Zugang nutzt und letzteres mit Konzentrationen auf verschiedene Motive – Text, Bilder, Mandala, Mantra, Atem, etc. – arbeitet. Aktiv den Körper bewegende Übungen würde ich hierbei aber mehr oder weniger grundsätzlich ausnehmen. Sie stellen eine eigene Kategorie dar. Die Ausübung von Handlungen, die in die gleiche Kategorie wie die sportlich bekannte „Variable Verfügbarkeit“ fallen, – Musikinstrument, Gesang, Tanz, Gehen, Laufen, Springen, Malen, Schreiben, etc. – sind zwar ebenfalls geeignet, in meditative Zustände zu gelangen, sind aber doch von der ruhenden Positionierung des Körpers und dem Gebot, auf Impulse aus der Außenwelt nicht zu reagieren, sehr verschieden, da dort auf jeden Fall eine objektbezogene Fixierung und Konzentration notwendig bleibt. Kontemplationen sind zwar auch fixiert, bemühen aber keinerlei körperlicher Impulssteuerung. Daher möchte ich zunächst einmal unterscheiden zwischen:

  1. Der stillen Meditation (Versenkung, Zazen, Shikantaza, Stille, Nur-Sitzen) mit ruhendem Körper (Sitz) und ruhendem Geist.
  2. Der Kontemplation (Objektbezogene Meditation, Text, Bild, Atem, Mantra] mit ruhendem Körper (Sitz, Lage, Stand) und aktivem Geist.
  3. Meditativen Bewegung mit Variablen Verfügbarkeiten mit bewegtem Körper und aktivem Geist stattfindet (Geh-Meditation, Tanz, Kunst, etc).

Es geht, um die Einordnung kurz und klar zu beschreiben, darum, was mit Körper und Geist in der Übung geschieht/geschehen soll. Wird der Körper in der Methode bewegt? Ist der Geist in der Methode aktiv tätig?

In diesem Artikel beschäftige ich mich ausschließlich mit der Meditation, wie sie oben unter Punkt 1 definiert ist, also ruhender Körper und ruhender Geist. Ich selbst habe alle drei Methoden (Arten) der Meditation über einen längeren Zeitraum ausprobiert und etwas in mir scheint so gestrickt zu sein, das es immer in diese erstgenannte Methode (Meditation) zurückfällt. Das heißt nicht, das ich meinen Körper nicht spüre und keine Gedanken mehr habe. Im Gegenteil, mein Körper zeitigt sehr deutlich unendlich viel mehr Wahrnehmung als im Alltagszustand und meine Gedanken ruhen, so wird es von mir wahrgenommen, nicht. Obwohl, manchmal sind die 25 Minuten meiner Zeit pro Meditations-Einheit sehr schnell vergangen. Ich kann mich dann nur an sehr wenig Geistesaktivität erinnern und konnte konstant in aufrechter Haltung verweilen. Geschlafen, gedöst oder so habe ich dann, so meine Schlussfolgerung, wohl nicht, da ich dann mich irgendwann mal hätte wieder aufrichten müssen. Das wiederum wäre meiner Erfahrung nach nicht unbemerkt geblieben. Aber wissen oder mir sicher sein kann ich mir diesbezüglich natürlich nicht. Darum geht es mir auch gar nicht. Ich möchte hier einfach beschreiben, wie ich in sitze und was mir dabei aufgefallen ist. Es ist mehr die Niederschrift meiner Erfahrung, die ich auch nicht nur für eine Veröffentlichung vornehme, sondern mehr als ein Freischreiben meines Geistesinhaltes zum Zwecke der Klarheit meiner selbst ansehe. Etwas kompliziert und verschroben, ich weiß, aber so ist/sehe ich es nun mal.

  1. Ich vermeide die Unterscheidungen bewusst, unter- und unbewusst absichtlich…, da alles unterhalb einer bewussten Ebene nur Spekulation sein kann.
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