Freiheit über Mitgefühl
Ein weiterer, weit verbreiteter Versuch, der besonders in Asien große Anhängerscharen in den Bann zieht, geht über das Substantiv „Mitgefühl“, neudeutsch „Empathie“ genannt. Ohne mich jetzt in die viel mehr als breit ausgewalzten Vorstellungen der Wissenschaften verlieren zu müssen, was sich unter diesen Begriffen verbirgt oder verbergen könnte, lässt sich doch die Beobachtung machen, das sich nicht alle Menschen dieser „Begabung“, Fähigkeit oder Wahrnehmung bedienen, um ihrem Leben einen überschaubaren Rahmen zu geben. Weiterhin könnten wir anführen, das ein chinesischer Bauer in einer von der modernen Zivilisation weit abgelegenen Provinz es leicht habe, sich mitfühlend zu verhalten. In einer modernen europäischen Großstadt und in deren Gedränge, wo mitfühlende und nicht-mitfühlene Menschen leicht aufeinander treffen, sähe das aber nachvollziehbar anders aus. Da sich einige in der Masse nicht an Mitgefühl orientieren, müsse sozusagen ein allgemein gültiges Mitfühlen schon aus einer Gerechtigkeitsvorstellung entfallen. Das ist aus einer logischen Überlegung heraus durchaus nachvollziehbar, erklärt aber nicht den vollkommenen Verzicht auf Mitgefühl. Denn Mitgefühl, das scheint dabei nicht berücksichtigt zu sein, ist ja einerseits, wie der Name schon sagt, ein Gefühl, andererseits dient es nicht nur im Bezug zum Anderen, sondern ist auch hilfreich, vielleicht sogar notwendig zur Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeiten. Gefühle sind ja Wahrnehmungen und deren Interpretationen, die vom Menschen nicht aus einem freiem Willen heraus machbar sind, sondern scheinen wie eine von außen kommende, aber nicht greifbare Eingebung (Geist, Atmosphäre) zu sein. Schon aus diesen Gründen heraus scheint es mir nicht gangbar zu sein, den Begriff der „Freiheit an sich“ allein über Mitgefühl zu definieren. Mitgefühl sollte sicherlich eine bedeutende Rolle dabei spielen, müsste aber wohl durch Substantive wie Selbstbehauptung und Lebenswille und Typisierungen wie Enge, Weite und Stagnation bezüglich der Wahrnehmungsdichte ergänzt werden.
Wenn wir das bisher Ausgeführte in die oben vorgenommene vorläufige Definition für ein gutes Leben einfügen, erhalten wir in etwa nachfolgende Formulierung:
Ein gutes, zufriedenstellendes und glücklichen Lebens als Bedingung für „Größtmögliche Freiheit“ zufolge wäre damit definiert als weitestgehende Abwesenheit von rebellischen oder umstürzlerischen Gefühlen und Gedanken, wenigen Wünschen nach Veränderung der Gegebenheiten und einer persönlicher Verwirklichung von Mitgefühl.
Information, Narrativ, Moral und Ethik
Eine mögliche Ergänzung zu den schon erwähnten Motiven, die zur Beschreibung, Definition von „Einem guten Leben“ herangezogen werden sollten/müssen, sind die Begrifflichkeiten Narrativ 1, Moral 2 und Ethik 3. Zu jeden dieser Begriffe gibt es Material in Hülle und Fülle in einer Größenordnung, die ganze Bibliotheken zu füllen vermögen. Diese einzeln auszuführen würde jede Arbeit sprengen, dazu eine Auswahl zu treffen aber wird der Thematik des Artikels nicht gerecht, denn die Ansichten über die Definition und Hintergründe dieser Begriffe sind breit gestreut und so widersprüchlich, das sich einfach kein klares Bild mehr ergeben kann. Ich würde in einer Auswahl dann wiederum nur aus Bruchstücken aufs Ganze schließen und damit eine große Unsicherheit produzieren. Und davon gibt es meiner Meinung nach bereits mehr als genug. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich mich hier weder Zitaten bediene noch an der allgemein beliebten Methode festhalte, große Denker als Rechtfertigung meiner Thesen heranzuziehen.
- Narrative sind Erzählungen, in denen vorbildliche Handlungsweisen anhand von Geschichten dargelegt werden. Die Helden dieser Geschichten werden als weise, erfolgreiche und mächtige Männer und Frauen dargestellt. ↩
- Als Moral bezeichne ich die Übereinkunft von Menschen innerhalb einer Kultur, nach deren Regeln die jeweilige Gesellschaft jedem Mitglied einen Lebensrahmen vorschreibt. ↩
- Die Ethik wird in der Regel zur Setzung von Moralvorstellungen herangezogen. Sie geht zumeist davon aus, das es grundlegende Eigenschaften, Begabungen eines Menschen gibt, die als absolut oder „an sich seiend“ gedacht werden müssen (Beisiele: Vernunft, Selbst, Seele, Atman) und erbaut darauf ein moralisches Gebäude. ↩