Freiheit.01

Narrativ

Beginnen wir mit Narrativen. Diese Geschichten spielen sich immer in einem Rahmen ab, dessen Inhalte so in dieser Fülle nur in einem einzelnen Ereignis stattfinden konnten. Zu der Schlussfolgerung, das sich ähnliche Ereignisse und deren Problematiken mit den gleichen Mitteln lösen lassen, die erzählt dargestellt wurden, kann hier und da zwar hilfreich sein, zeigt aber nicht das ganze Spektrum auf, das in einer Problemstellung zur Lösung herangezogen werden kann. Da Freiheit für jeden Einzelnen auch immer den ganzen Spielraum erlauben und möglich machen sollte, ist die Wahl der im Narrativ dargestellten vorbildlichen Handlungsweise als eine Vorentscheidung anzusehen, die nicht aus dem Betroffenen in einer Konfrontation mit einer ähnlichen Situation selbst erfolgt. Narrativ vermittelte Handlungsweisen dienen bevorzugt zu einer schnellen Entscheidungsfindung und/oder sind zumeist so gestrickt, das das bestehende Machtsystem profitiert. Vorentscheidungen aber widersprechen grundsätzlich jedem Freiheitsgedanken.

Moral

Die Moral gibt es nur auf der Grundlage einer lebenden, sich gestaltenden Gesellschaft, die sich den schönen Begriff der Kultur gegeben hat. Sie ist wesentlich eine Übereinkunft, an der sich die in dieser Kultur lebenden Menschen orientieren und mehrheitlich eingehalten werden. Die bereits genannten religiösen Gebote werden hierbei durch Gesetze, Verordnungen und Gebräuche ersetzt, die mehr oder weniger einen Kompass für das Verhalten jedes Mitglieds der Gesellschaft errichten. Gerne wird dieser Kompass auch als Gewissen bezeichnet, das sich dann negativ äußert, wenn gegen die gelebten Gesetze… verstoßen wurde. Moralisches Verhalten ist sicherlich eine nicht zu missachtende Grundbedingung, um frei zu leben. Störend dabei ist nur, das die Mittel der Moral immer Setzungen sind, die weder allgemein gültig noch auf jede Situation eines Menschen zutreffend angewendet werden können. Sie stellen immer einen Zwangscharakter dar, der meiner Überzeugung nach Freiheit zumindest einschränkt, wenn nicht gar unmöglich macht.

Ethik

Wie die beiden bisher behandelten Begriffe ist Ethik ebenfalls ein sehr unscharfer Begriff. Nahezu jeder bekannte Philosoph der Geschichte hat versucht, eine ethische Grundlage zu schaffen, auf der Moral entstehen kann. Von daher gilt in meiner Vorstellung für Ethik die gleiche Einschränkung wie für Moral, wenn wir den Begriff der Freiheit näher beschreiben oder gar definieren wollten. Allerdings ist im Gegensatz zur Moral die Ethik wesentlich grundlegender. Dazu verwenden die Autoren der Schriften Setzungen, die den Fragehorizont in einer „angemessenen Tiefe“ begrenzen. Erfindungen wie die Beispiele Seele, Gott, Transzendenz, Vernunft, … werden dabei absolut gesetzt und stoppen die kausale Fragekette, die sich sehr schön im kindlichen „und dann… und dann…“ darstellen lässt. Die Existenz von Seele, Atman, Monaden, Gott, … kann nicht belegt werden und erscheint äußerst fragwürdig, wenn wir den Zustand der Welt unter der Regiment des Menschen vorurteilsfrei betrachten. Transzendenz verweist wie das Unbewusste auf eine Sphäre, zu der wir schon aus der Definition heraus keinen Zugang besitzen können. So etwas als Grundlage für Handlungssysteme zu verwenden, ist und bleibt fragwürdig. Selbst mit der auf der gleichen Basis beruhenden Logik ist daher eine Einbeziehung derselben zu einem beschreibenden Freiheitsentwurf nicht nachvollziehbar.

Information

Alle drei Motive beziehen sich auf eine Gesellschaft, die sich einer Wahrheit verpflichtet fühlt und sich in diesen Dreien widergespiegelt sieht. Allerdings neigen unsere hochmodernen Informationsgesellschaften aber gerade nicht dazu, eine für alle gültige Wahrheit zu verfestigen und diese somit für alle Teilnehmer der Gesellschaft verpflichtend zu machen. Im Gegenteil, die digitale Datengesellschaft braucht weder Narrativ und Moral. Sie behauptet die Wirklichkeit in Daten abbilden zu können und diese in beliebiger Form lesbar zu rekonstruieren. Somit braucht sie nicht eine angenommene oder geglaubt Wahrheit, sondern ersetzt diese durch eine durch maschinelle Algorithmen gesteuerte Anpassung, die zu jedem belieben Zeitpunkt die Wirklichkeit, wie sie ist oder gewünscht wird, exakt abbildet. Da sich Freiheit direkt auf Wahrheit bezieht, Daten aber keine Wirklichkeiten sind, wird die Datengesellschaft, zu der wir immer näher aufrücken, an Freiheit und deren Beschreibung nicht interessiert sein.

image_pdfimage_print

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert