Meditation über „nichts“, eine Momentaufnahme

Eine aufrechte energetisch getragene Haltung

Die aufrechte energetische Haltung beginnt aus dem Sitz heraus, also ab der Gürtellinie aufwärts und betrifft Rumpf, Arme und Kopf. Ganz gleich, welcher der benannte Sitze gewählt wurde, der Rumpf hält sich unangelehnt, ist frei und mühelos aufgerichtet. Die Arme sind abgelegt und meist in der Körpermitte vor dem Nabel in den Händen gefaltet. Und der Kopf thront auf dem Hals wie ein ausbalancierter Ball. Nun ist diese Haltung, obwohl tagein-tagaus geübt, in Stille nicht so einfach zu halten. Das liegt daran, das wir zum einen Teile des Körpers immer als Ausdrucksmittel der umfangreichen Gefühlswelt verwenden und wir sehr viele unserer Alltagsarbeiten mit den Händen erledigen. Diese Bewegungen sind meist wenig bewusst gesteuert und funktionieren scheinbar einfach so. In einer Meditationshaltung aber sind diese Mechanismen nicht gefragt und können durch Aufmerken und Achtsam-Sein im Zaum gehalten werden, wenn, und das ist der große Haken, die Haltung des erweiterten Rumpfes ebenfalls mühelos und fest ist. Das geht aber nur, wenn sich der Rumpf in das Sitzen hinein wurzelt und so eine feste Basis ausweist.

Exkurs: Energetisch zu sitzen mit aufrechtem Körper bedarf einer gut initiierten Haltung. Als Yoga-Übender verfüge ich dazu über Funktionalität der drei Bhandas, die zusammen ein großes Ganzes bilden. Dazu gestalte ich mein Sitzen zunächst einmal bis zum Gürtel, wobei die Knie in der Regel in der räumlichen Betrachtung unterhalb der Leisten liegen sollten und das Becken so aufgerichtet verbleibt, das der Rumpf darauf mühelos sitzen kann. Dann stelle ich den Rumpf senkrecht über dieses Becken, ohne diverse Muskeln anspannen oder aufziehen zu müssen. Dann initiiere ich das große Bhanda über den leichten Einzug der Taille nach innen, halte diese Spannung für ein paar Sekunden und lasse sie dann ganz langsam wieder los. So bekomme ich das Gefühl, das sich vom Unterbauch zum Damm hinunter etwas tief im Körper leicht absetzt, der Bauch selbst sich entspannt und etwas zurückgezogen im Zaum gehalten wird, und der Kopf auf Hals und Nacken sich eine neue Mitte sucht. Dabei verbleiben die Arme abgelegt. Ist diese Haltung eingenommen und ich bewege mich nicht mehr, wird sich eine ganz leichte Pose einstellen, die nahezu mühelos getragen ist und lange gehalten werden kann.

Sowohl für das Sitzen als auch die Haltung gilt also, je weniger Aufwand muskulär notwendig ist, desto leichter sind Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu halten. Alles Störende zumindest aus der körperlichen Sicht der Bewegungsformen wird beseitigt. Nun ist es nicht immer gegeben, das sich die Haltungen über einen großen Zeitraum von 20 bis 60 Minuten auch aufrecht erhalten. Es geschieht schnell und oftmals in schleichender Form, das zum Beispiel der untere Rücken nach außen fällt, der Brustkorb somit seinen Halt verliert und der Kopf dann nach vorne sinkt. Der Körper macht sich so fertig zum Einzuschlafen. Das allerdings ist auch das Ende von Aufmerksamkeit und Achtsamkeit (s.u.), die absolutes Wach-Sein als Bedingungen aufweisen. Und mit diesen beiden endet dann auch die Meditation. Wenn dieses Einsinken ohne zu erschrecken bemerkt wird, ist es sinnvoll, sich wieder in die Pose der Leichtigkeit zu erheben. Das geht aber nicht mit großem muskulärem Aufwand, da das wiederum die Stille des Geistes stört. Hier hilft wie beim Einrichten das sehr leichte Initiieren des Bhanda über die Taille. Dieses wird so lange getragen, bis sich der Kopf wieder in seiner leicht balancierten Position befindet, und dann wird langsam entspannt wie oben beschrieben. Der Körper wird sich so automatisch in die vorher eingerichtete Pose begeben. Meiner Erfahrung nach stört diese Korrektur die Stille des Geistes nur unwesentlich. Außer einem zusätzlichen Gedanken und der kurzen Initiierung ist kein mentaler Aufwand nötig.
Die bewusste Stille des Körpers

Die bewusste Stille des Körpers ist nicht allein die Bewegungslosigkeit desselben. Sondern in der Stille von Atem und Geist werden alle Funktionen des Körpers, jedes Prickel, Kitzeln, Pochen, Ziehen, Strömen, Öffnen, Weiten und Drücken, wahrnehmbar, denn die Stille erweitert diese Wahrnehmungen um Potenzen. Hier gilt es, diese neuen Empfindungen auszuhalten oder das, um es in moderner Sprechweise auszudrücken, zu tolerieren, was ertragen, erdulden und erleiden bedeutet. Es ist normal und vollkommen selbstverständlich, das diese Wahrnehmungen da sind. Ich würde mich heute erschrecken, wenn diese Wahrnehmungen ausblieben. Sie sind der Ausdruck des Körpers, seine Sprache sozusagen, und es ist gut und sinnvoll, sich einmal still und ohne Vorurteil damit zu befassen. Was zunächst als laut und störend wahrgenommen wird, wird mit zunehmender Übung mehr und mehr zu einem Hintergrund-Geräusch wie zum Beispiel die vielfältigen Geräusche einer Großstadt, die der Städter eigentlich nur noch so am Rande wahrnimmt. Und dieses Hintergrundrauschen wird irgendwann immer weniger Raum im Wahrnehmungsfenster einnehmen und vielleicht sogar hier und da ganz verschwinden. Das ist aber ein automatischer Prozess. Er kann nicht angestrebt oder beschleunigt werden. Von daher sehe ich neben Hingabe und Toleranz keine anderen Möglichkeiten, mit ihm umzugehen.

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